"Es kann überall passieren": Das sagt ein erfahrener Busfahrer zum Unfall auf der A9

Vom Münchner Busbahnhof starten Reisende und Fahrer – wie sie mit dem tragischen Busunglück auf der A9 umgehen.
von  Lisa M. Albrecht
Busfahrer Theo Sieg (58) weiß, wie groß seine Verantwortung ist.
Busfahrer Theo Sieg (58) weiß, wie groß seine Verantwortung ist. © Petra Schramek

Vom Münchner Busbahnhof starten Reisende und Fahrer – wie sie mit dem tragischen Busunglück auf der A9 umgehen.

München - Die große Uhr über der grauen Abfahrtshalle ist auf 11 Uhr stehen geblieben. Doch der Betrieb auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) an der Münchner Hackerbrücke geht weiter.

Als wäre nichts gewesen tummeln sich hier die oftmals sehr jungen Gäste, ziehen ihre Koffer hinter sich her und versuchen auf den Anzeigetafeln zu erkennen, welcher der Reisebusse sie an ihr Ziel bringt: Nach Innsbruck, Dresden, Wien, Zagreb oder ins bosnische Travnik zum Beispiel.

Viele Reisegästewissen noch gar nichts vom Unglück

Am Tag des tragischen Busunglücks auf der A9 ist am ZOB auf den ersten Blick alles beim Alten. Viele der Reisegäste, die zur Mittagszeit auf den Bänken ausharren, wissen noch gar nichts davon.

Bei den Busfahrern ist das anders. "Es ist eine tragische Katastrophe", sagt Theo Sieg, der schon seit 1977 seinen Busführerschein besitzt. Er sei sehr betroffen gewesen, erzählt der 58-Jährige der AZ. Aber: "Es kann überall passieren." Er könne nur mutmaßen, welche Gründe es für die Kollision gegeben habe. Obwohl die Busfahrer verpflichtet sind, sich mindestens alle fünf Jahre untersuchen zu lassen, könne man natürlich nicht ausschließen, am Steuer plötzlich einen Kollaps zu erleiden. "Ob es sich vielleicht um ein Billigunternehmen aus Osteuropa gehandelt hat, weiß man nicht. Aber die Gedanken gehen natürlich auch in diese Richtung." Da der Bus zu brennen begann, könne es auch sein, dass der gerammte Sattelzug brennbares Material bei sich hatte.

Von dem schrecklichen Unfall entmutigen lassen sich aber weder die Fahrer noch die Touristen (siehe Umfrage). Angst vor Einbußen, weil die Fahrgäste lieber auf ein anderes Verkehrsmittel umsteigen, habe man nicht, sagt ein Mitarbeiter im Ticketverkauf vor Ort. Und wenn die Kunden nach solchen Ereignissen doch Bedenken haben? "Dann geht es darum, sie auf menschlicher Ebene zu erreichen und ihnen Unsicherheit und Angst zu nehmen."

Zwölf Stunden dürfen die Busfahrer täglich fahren

Zwölf Stunden dürfen die Busfahrer täglich fahren, erzählt Sieg. Bei den Billigunternehmen käme es vor, dass das Personal schlecht bezahlt würde und Fahrer unter Druck stünden. Dann kann es zu fatalen Fehlern kommen.

Seiner Verantwortung ist sich der Fahrer ohnehin bewusst. "Man passt nicht extra auf, nur weil ein Bus gebrannt hat. Man muss immer aufpassen. Die Fahrgäste sind uns ausgeliefert und wenn wir einen Fehler machen, müssen Unschuldige darunter leiden."  

Die AZ-Umfrage: Haben Sie jetzt Angst vor Ihrer Busreise?

Laura Heym (l., 25) und Marie Dietze (27) sind vor ihrer Fahrt nach Bozen gelassen. "Es gibt dauernd Auto- und Busunfälle. Man kann auch auf der Straße überfahren werden. Die meisten Unfälle passieren eh im Haushalt."

 

Bärbel Müller (63) kommt aus dem Vogtland, ist unterwegs nach Hof und fährt dann zurück in die Heimat. "Man muss ja wieder nach Hause. Ich habe keine Angst. Sonst dürfte man ja selbst kein Auto mehr fahren."

 

 

Leroy Klotz (27) und Karina Costa (38) fahren nach Amsterdam. "Es ist ein mulmiges Gefühl und vielleicht werden wir Alternativen suchen. Aber auch im Flugzeug kann was passieren."

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