Erwin Huber-Interview über Unionsstreit: Bruch würde die CSU schwächen
München - Der 71-Jährige Erwin Huber war von 2007 bis 2008 Parteichef der CSU und zuvor lange Jahre Minister. Die AZ hat ihm zum Gespräch über den Konflikt mit der CDU getroffen.
AZ: Herr Huber, wie groß ist die Gefahr, dass die Union wegen des Streits über die Asylpolitik auseinanderbricht?
ERWIN HUBER: In der 70-jährigen Erfolgsgeschichte der Union gab es drei Zeitpunkte, in der eine Trennung von CSU und CDU ernsthaft erörtert wurde: 1976 ist die Trennung gescheitert, weil gerade auch in der CSU keine Bereitschaft vorhanden war, die Gemeinschaft mit der CDU aufzukündigen.
1990 gab es in Zusammenhang mit der Deutschen Einheit erneut diese Diskussion.
Aber nicht in Gegnerschaft zur CSU. Seinerzeit hat die CSU-Spitze unter Theo Waigel sich dafür entschieden, in Bayern als große Volkspartei zu bleiben und den Verlockungen, nach Sachsen und Thüringen zu gehen, nicht nachzugeben. Auch das war richtig. Ich glaube, dass die jetzige Situation tatsächlich brenzliger ist, weil innerhalb der CSU viel Unmut über die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel da ist und weil die innere Bereitschaft zu einer Trennung aus dem Sachgrund Flüchtlingspolitik heute so verbreitet ist wie nie. Wir stehen vor einer historischen Entscheidung.
Würden Sie Ihre Erfahrungen in den Aufbau einer außerbayerischen CSU einbringen?
Meine Erfahrung ist, dass ein Gegeneinander von CDU und CSU beide Parteien schwächen würde. Gerade für die CSU ist eine bundesweite Ausdehnung eine hoch riskante Angelegenheit. Das ist abzulehnen, weil wir dann in eine Konkurrenz zur AfD als Rechtsaußen-Partei kämen. Ein Bruch würde die CSU schwächen.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass diese Krise innerhalb der Union noch abgewendet werden kann?
Die CSU ist konservativer ausgeprägt als die CDU, die zum Teil schon links der Mitte agiert. Natürlich gibt es da immer wieder Spannungen. Wir haben es aber immer wieder geschafft, sinnvolle Kompromisse zu schließen. Man sollte der Kanzlerin die Chance geben, innerhalb von zwei Wochen zu Abmachungen mit anderen Ländern zu kommen, und nicht neues Störfeuer in die Debatte bringen.
"Masterplan": "Es wäre angebracht, alle Punkte zu veröffentlichen"
Ist es eine kluge Art der Politik von CSU-Chef Seehofer, immer wieder mal auf einen "High Noon" hinzusteuern, um dann vor dem Problem zu stehen, die Beteiligten von den Bäumen unterholen zu müssen?
Jeder hat seinen eigenen Stil. Es wäre jetzt angebracht, alle 63 Punkte des "Masterplans" zu veröffentlichen. Wir reden ja nur über einen Punkt, der zu diesem Zwist zwischen CDU und CSU geführt hat. Es wäre es gut, das gesamte Tableau öffentlich zu diskutieren. Ziel muss es sein, eine Lösung zu finden, die eine Wiederkehr der schwierigen Situation von 2015 unmöglich macht. Als CSU müssen wir auch deutlich machen, dass dies nicht durch die Landtagswahl inspiriert ist, sondern dass es uns um eine dauerhafte Lösung zur Begrenzung der Zuwanderung geht.
Rechnen Sie damit, dass zur bayerischen Landtagswahl im Oktober auch ein Landesverband Bayern der CDU antritt?
Nein. Ich bin überzeugt, dass alle Parteivorsitzenden wissen, welche Vorteile im Miteinander von CDU und CSU liegen. Viele wählen außerhalb Bayerns die CDU, weil es die CSU gibt, und umgekehrt. Es darf keinen Bruderkrieg zwischen CDU und CSU geben.