Ermittlungen gegen Regensburger OB Wolbergs vor Abschluss

Nach einem Jahr Ermittlungen in der Regensburger Korruptionsaffäre um den Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs stehen diese nun kurz vor dem Abschluss.
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Joachim Wolbergs (SPD) wird Bestechlichkeit vorgeworfen.
Armin Weigel/dpa Joachim Wolbergs (SPD) wird Bestechlichkeit vorgeworfen.

Regensburg - Bis zur Jahresmitte sollen alle Ergebnisse in der Regensburger Korruptionsaffäre vorliegen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg am Montag. Hauptakteur in der Affäre ist der inzwischen suspendierte Oberbürgermeister, Joachim Wolbergs (SPD). Ihm wirft die Anklagebehörde Bestechlichkeit vor. Der 46-Jährige hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Vor einem Jahr war alles ins Rollen gekommen

Die Korruptionsaffäre war vor einem Jahr, am 14. Juni 2016, ins Rollen gekommen. Es geht dabei unter anderem um eine Grundstücksvergabe an eine Baufirma. Im Januar kam Wolbergs vorübergehend in Untersuchungshaft und wurde vorläufig seines Dienstes enthoben worden. Ebenfalls ermittelt wird gegen einen Bauunternehmer und einen seiner ehemaligen Mitarbeiter. Ihnen werden Bestechung und Beihilfe zur Bestechung vorgeworfen.

Wolbergs soll die Firma bei der Vergabe eines früheren Kasernenareals im Oktober 2014 bevorzugt haben. Im Gegenzug soll der Geschäftsführer an die Regensburger SPD Spenden in sechsstelliger Höhe gezahlt sowie Wolbergs und ihm nahestehenden Personen geldwerte Vorteile verschafft haben. Der Unternehmer und dessen ehemaliger Mitarbeiter saßen ebenfalls in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle gegen die drei Verdächtigen wurden aber gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Die Chronologie der Regensburger Korruptionsaffäre

1996: Hans Schaidinger (CSU) wird Oberbürgermeister von Regensburg.

2008: Joachim Wolbergs (SPD) wird dritter Bürgermeister.

2012: Eine Wolbergs nahestehende Person kauft laut Staatsanwaltschaft dem Geschäftsführer einer Bauträgergesellschaft eine Eigentumswohnung ab und bekommt dabei einen Nachlass von 37 600 Euro. Außerdem organisiert der Unternehmer unentgeltlich die Renovierung eines Hauses, dessen Miteigentümer Wolbergs ist, und verschafft ihm einen Kostenvorteil von 1600 Euro.

Ende 2013/Anfang 2014: Nach den Ermittlungen vereinbaren Wolbergs und der mitbeschuldigte Baulöwe einen Deal: Wolbergs soll das Unternehmen bei einer Grundstücksvergabe unterstützen; der Unternehmer soll im Gegenzug eine hohe Summe Spenden an die SPD überweisen. Zudem soll er den Fußballverein SSV Jahn unterstützen.

2013-2015: Laut Anklagebehörde spendet der Unternehmer mit Hilfe von Strohmännern jährlich 108 900 Euro an den SPD-Ortsverein Regensburg Stadtsüden - gestückelt in Einzelspenden von rund 9900 Euro.

Januar 2014: Der Unternehmer bietet Schaidinger laut Staatsanwaltschaft einen lukrativen Beratervertrag in seiner Firma und eine Reise mit seiner Segeljacht an.

30. März 2014: Wolbergs gewinnt die Oberbürgermeisterwahl. Schaidinger durfte aus Altersgründen nicht mehr antreten.

1. Mai 2014: Wolbergs übernimmt das Amt des Oberbürgermeisters.

2. Mai 2014: Wolbergs informiert laut den Ermittlern die Verwaltung darüber, dass die SPD eine neue Ausschreibung für die ehemalige Nibelungenkaserne will.

Mai 2015: Schaidinger nimmt das Angebot des Unternehmers an, als Berater in dessen Firma tätig zu werden.

Juni 2014: Wolbergs wird Aufsichtsratsvorsitzender des SSV Jahn Regensburg.

Oktober 2014: Vergabe des begehrten Baugeländes der ehemaligen Nibelungenkaserne nach einer erneuten Ausschreibung an das Regensburger Immobilienunternehmen Bauteam Tretzel (BTT). Sechs Tage später beschließt die Gesellschafterversammlung des SSV Jahn eine Kapitalerhöhung, die der beschuldigte Unternehmer mit insgesamt 1,7 Millionen Euro verwirklicht.

Dezember 2014: Die CSU scheitert mit einer Rechtsaufsichtsbeschwerde zur Vergabe des Kasernenareals. Nach Ansicht der Regierung der Oberpfalz war die Grundstücksvergabe nicht zu beanstanden.

2015: Eine Wolbergs nahestehende Person kauft laut Staatsanwaltschaft dem beschuldigten Baulöwen eine Eigentumswohnung ab und bekommt dabei einen Nachlass von rund 40 000 Euro.

14. Juni 2016: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Wolbergs wegen Vorteilsannahme.

16. Juni 2016: Wolbergs beantragt ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst. Damit strebt er die Entlastung vom Verdacht eines Dienstvergehens an. Er beteuert seine Unschuld.

25. Juni 2016: Wolbergs räumt Versäumnisse im Umgang mit einem Privatdarlehen an seinen SPD-Ortsverein ein. Dass er dem Ortsverein Regensburg-Süd etwa 220 000 Euro zur Verfügung gestellt habe, ohne dies vom Landesverband der Partei genehmigen zu lassen, sei ein Fehler gewesen.

19. Juli 2016: Der Bundestag untersucht ebenfalls die mutmaßliche Parteispendenaffäre.

Ende 2016: Die Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungsverfahren gegen Schaidinger und den Geschäftsführer der Bauträgergesellschaft ein.

18. Januar 2017: Die Staatsanwaltschaft verhaftet Wolbergs, den Geschäftsführer einer Bauträgergesellschaft sowie einen weiteren Beschuldigten wegen Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung oder Beihilfe zur Bestechung.

20. Januar 2017: Die Staatsanwaltschaft gibt nun auch offiziell bekannt, gegen Schaidinger zu ermitteln. Auch er soll in seiner Amtszeit das Wohnungsbauunternehmen rechtswidrig einseitig unterstützt haben.

23. Januar 2017: Der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion Regensburg, Norbert Hartl, tritt von seinen Ämtern zurück. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen Hartl.

25. Januar 2017: Die Landesanwaltschaft leitet ein Disziplinarverfahren gegen Schaidinger ein.

27. Januar 2017: Die Landesanwaltschaft suspendiert Wolbergs vorläufig vom Dienst.

3. Februar 2017: Die Landesanwaltschaft behält die Hälfte der Bezüge von OB Wolbergs ein. Der Beamte erbringe derzeit keine Gegenleistung, heißt es.

16. Februar: Es wird bekannt, dass Wolbergs bei der Vergabe eines Kredites in Höhe von 4,5 Millionen Euro an den mitbeschuldigten Baulöwen zu Vorzugskonditionen als Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse mitgewirkt haben soll.

28. Februar: Das Landgericht Regensburg setzt den Haftbefehl gegen Wolbergs außer Vollzug. Das Gericht verhängt mehrere Kontaktverbote.

März 2017: Auch der verdächtige Bauunternehmer sowie ein weiterer Beschuldigter werden aus der U-Haft entlassen. In allen Fällen bestätigte das Landgericht, dass dringender Tatverdacht besteht und Verdunkelungsgefahr vorliegt. Angesichts der fortgeschrittenen Ermittlungen seien mildere Mittel jedoch ausreichend, hieß es.

27. März: Wolbergs kündigt bei einer SPD-internen Sitzung an, dass er seine Ämter im SPD-Landesvorstand, als stellvertretender Bezirksvorsitzender und als Unterbezirksvorsitzender ruhen lässt. Er kam damit möglicherweise einem Parteiordnungsverfahren zuvor.

24. April: Der ehemalige SPD-Fraktionschef Hartl tritt aus der Stadtratsfraktion aus.

Lesen Sie auch: Regensburg-Skandal - Das ist OB Wolbergs' Geldgeber

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