Eric Bibb: „Den heiligen Gral entdeckt“

Vor seinem Auftritt bei den Rother Bluestagen am Samstag spricht der Gitarrist über die Vorbilder aus dem Mississippi-Delta, die Magie alter Instrumente und die Unabhängigkeit in Zeiten der Sklaverei
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Spielt am Sonntag bei den Rother Bluestagen: Eric Bibb. Ein Jahr vor seinem 60. Geburtstag veröffentlichte der Akustik-Blueser ein Album im Stil seines Delta-Blues-Idols Bukka White.
Veranstalter Spielt am Sonntag bei den Rother Bluestagen: Eric Bibb. Ein Jahr vor seinem 60. Geburtstag veröffentlichte der Akustik-Blueser ein Album im Stil seines Delta-Blues-Idols Bukka White.

NÜRNBERG/ROTH - Vor seinem Auftritt bei den Rother Bluestagen am Samstag spricht der Gitarrist über die Vorbilder aus dem Mississippi-Delta, die Magie alter Instrumente und die Unabhängigkeit in Zeiten der Sklaverei

Am Samstag eröffnet der Ex-Rolling Stone Mick Taylor die 19. Rother Bluestage (bis zum 28. März) – am Abend drauf stellt der Akustik-Blueser Eric Bibb am Sonntag seine neue, puristische Scheibe „Booker´s Guitar“, dem legendären Delta-Blues-Musiker Bukka White gewidmet, vor. Zwischen White und Bibb gibt es zwar etliche biografische Parallelen – doch zu Beginn des neuen Albums stand: eine Gitarre.

AZ: Eine Gitarre von Bukka White fällt einem nicht jeden Tag in die Hände. Wie kamen Sie zu diesem Instrument?

ERIC BIBB: Nach einem Konzert im Norden von England kam ein Fan auf mich zu, bedankte sich für das Konzert und sagte fast schon im Gehen: „Falls Sie Lust haben, auf der Gitarre zu spielen, die einst Bukka White gehört hat, bringe ich sie gerne morgen Vormittag zu Ihrem Hotel.“ Und ich sagte: „Das wäre fantastisch.“

Und kreuzte der Mann mit der Gitarre am nächsten Tag in Ihrem Hotel auf?

Und ob. Er fand sich um 10 Uhr morgens in meinem Hotel ein und forderte mich gleich auf den Gitarrenkoffer zu öffnen. Und ich öffnete diesen braunen Lederkoffer und erblickte diese blitzende National Steel Gitarre. Bukka White hat den Corpus dieser Gitarre wohl neu zum Glänzen gebracht, aber der Bund, wie man auch auf dem Cover meiner neuen CD sieht, ist sehr alt - und zwar aus dem Jahr 1935.

Und spielten Sie gleich auf ihr?

Ja, ich stimmte sie und spielte sie sofort - und sie hatte tatsächlich einen großartigen Klang. Manchmal klang sie hell wie eine Glocke - und ich sagte zu mir: „My god, ich halte die Gitarre in meinen Händen, die Bukka White über viele Jahre spielte.“ Es war für mich ein Gefühl, wie den heiligen Gral entdeckt zu haben. Später schrieb ich den Song „Booker´s Guitar“, der dann der Titel meines neuen Albums wurde - und spielte das Lied im Studio tatsächlich mit dieser Gitarre ein. Ich deutete diesen überraschenden „Fund“ als Zeichen, das die Zeit gekommen sei, jetzt eine Platte im Geist meiner frühen Delta-Blues-Helden zu machen.

Zum Glück haben Sie kein Cover-Album mit klassischen Delta-Blues Songs gemacht…

Eben das wollte ich nicht. Statt diese Songs nur nachzuspielen, wollte ich eigene Songs schreiben, die dem Geist dieser alten Musik nachspürten, aber gleichzeitig deutlich meine Handschrift tragen sollten. Das Schreiben der Songs fiel mir überraschend leicht, vielleicht weil ich im Vorfeld viel über diese Künstler nachgedacht hatte und viele großartige neue Bücher über diese Zeit gelesen habe, auch die Autobiographie von B.B. King, dessen älterer Cousin Bukka White war.

Die Arbeit an Booker´s Guitar war sicherlich auch eine Art Zeitreise für Sie zu den Quellen des Blues…

Ja, ganz sicher. Im Rückblick kann ich sagen, dass ich mich dieser Platte über dreißig Jahre angenähert habe, dass ich sie tatsächlich erst jetzt machen konnte, da ich den Delta-Blues über einen langen Prozess in mich aufgenommen habe. Diese Musik meiner Helden ist nun ein Teil von mir, sie kommt in mir zurück, deshalb muss ich ihre Songs nicht kopieren. Mir fiel es überraschend leicht, mich in diese Zeit und in die Gefühle der Delta-Blues-Musiker einzufühlen. Beim Spielen ist es für mich heute fast so, als wäre ich selbst in der Welt, in der sie gelebt haben.

Nun, das war auch die Welt, in der Rassendiskriminierung Alltag war und die Sklaverei noch präsent war…

Für mich waren die großen Delta-Blues Männer wie Bukka White oder Robert Johnson trotz der harten sozialen Realität im Süden der USA, der Rassentrennung, der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor allem unglaublich unabhängige Leute. Ihre These war: „Ich habe keine Lust mein Leben hinter einem Pflug auf dem Feld eines anderen zu fristen, nein, ich lerne ein Instrument, finde meine eigene Sprache und versuche meinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, auch wenn ich zunächst an Straßenecken auftreten muss! Spark

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