Er wollte sie bloß streicheln - Kreuzotter beißt Wanderer

SCHÖNAU - Ein Tourist aus Hannover wurde am Königssee von einer Kreuzotter viermal in die Hand gebissen. Die Bergwacht rettete den Mann – die Nacht musste er auf der Intensivstation verbringen
Träge lag die Schlange in der Sonne. Robert P. (Name geändert) konnte der Versuchung nicht widerstehen. Der 49-Jährige wollte die Kreuzotter streicheln – und wurde dabei prompt gebissen. Viermal erwischte ihn das Reptil an der Hand. Der Urlauber aus Hannover erlitt einen Kreislaufkollaps und wurde von der Bergwacht ins Krankenhaus nach Berchtesgaden gebracht.
Mit einigen Freunden war Robert P. am Donnerstag zu einer Wanderung am Königssee aufgebrochen. Am Königsbach-Wasserfall legte die Gruppe am Nachmittag eine kurze Rast ein. Dabei entdeckte der 49-Jährige eine Schlange, die auf den warmen Felsen in der Sonne lag. Aus einer Laune heraus fasste Robert P. das dösende Tier an. Die Schlange erschrak und biss sofort zu. „Normalerweise flüchten Kreuzottern“, erzählt ein Bergretter aus Berchtesgaden, der selbst schon einmal bei einer Tour von einer Kreuzotter gebissen wurde. „Wenn die Tiere sich in die Enge gerieben fühlen, reagieren sie allerdings sehr aggressiv und greifen dann auch sofort an.“
So wie im Fall von Robert P. Viermal schlug die Kreuzotter ihre Giftzähne in seine Hand, dann verschwand sie zwischen Steinen und Gras. In dieser Situation machte der Bergsteiger einen zweiten, ebenso großen Fehler: Statt sich hinzulegen, wollte Robert P. einfach weiter wandern. Er nahm eine Tablette gegen die Schmerzen und machte sich dann gemeinsam mit den anderen aus der Gruppe an den rund 20-minütigen Abstieg runter zur Anlegestelle Kessel am Königssee.
Doch bereits nach kurzer Zeit spielte der Kreislauf des 49-Jährigen verrückt. Ihm wurde schwindelig und übel. Die Bergsteiger setzten schließlich einen Notruf ab. Innerhalb weniger Minuten war die Wasserwacht Berchtesgaden mit einem Rettungsteam an der Anlegestelle. Robert P. wurde zur Seelände gebracht und von dort aus ins Krankenhaus nach Berchtesgaden. Der 49-Jährigen kam auf die Intensivstation, wo er auch noch die komplette Nacht verbrachte.
„Normalerweise genügt es, den Kreislauf des Patienten zu stabilisieren“, erklärt ein Arzt. Bei Robert P. reichte das nicht. Warum sein Organismus auf das für Erwachsene eher harmlose Schlangengift so heftig reagierte, ist unklar. Ein Grund dafür könnte sein, dass der 49-Jährige trotz des Schlangenbisses selbst runter ins Tal lief. „Vernünftiger wäre es gewesen, sich hinzulegen und jede körperliche Anstrengung zu vermeiden“, betont ein Sanitäter. Denn durch die Anstrengung pumpt das Herz das Schlangengift nur um so schneller durch den Körper. Dazu kam die enorme Hitze. Vier bis fünf Mal pro Jahr passiert es im gesamten Chiemgau, dass jemand von einer Schlange gebissen wird. Noch seltener verlaufen die Fälle so dramatisch wie in diesem. Robert P. ist inzwischen über den Berg. Am Freitag konnte der Urlauber bereits die Intensivstation des Krankenhauses wieder verlassen.
Ralph Hub