Er tötete seine Ex-Frau – mit 22 Messerstichen

Der Staatsanwalt spricht von lange geplantem Mord. Der Angeklagte (57) stellt die Tat als eine Affekthandlung hin. Er machte seine fünf Kinder zu Waisen
von  Abendzeitung
Tötete Waldemar S. (57) im Blutrausch? Vor Gericht behauptete er, sich an die Tat nicht erinnern zu können.
Tötete Waldemar S. (57) im Blutrausch? Vor Gericht behauptete er, sich an die Tat nicht erinnern zu können. © bayernpress.com

Der Staatsanwalt spricht von lange geplantem Mord. Der Angeklagte (57) stellt die Tat als eine Affekthandlung hin. Er machte seine fünf Kinder zu Waisen

NÜRNBERG Warum musste eine fünffache Mutter (39) auf so grausame Weise sterben? Diese Frage beschäftigt seit Mittwoch das Nürnberger Landgericht. Dort steht der fast 20 Jahre ältere Ex-Mann des Opfers und Vater der Kinder unter Mordanklage.

Während der eigentliche Ablauf der Tat im Mai letzten Jahres durch eine Vielzahl von Spuren, Zeugenaussagen und Expertisen minutiös nachgezeichnet werden kann, steckt der Weg dorthin für das Gericht noch voller Rätsel. Staatsanwalt Michael Schrothberger ist sich sicher, dass Waldemar S. (57) seine Ex-Ehefrau geplant tötete, weil sie ihn verlassen hatte. „Das ist falsch“, lässt der Angeklagte über seinen Anwalt Michael Zahareas erklären. Ehrverletzende Kränkungen wegen sexueller Unzulänglichkeiten seien es gewesen, die seine Emotionen urplötzlich zur Explosion gebracht hätten.

„Ich weiß nicht, was ich genau gemacht habe und wie oft ich zugestochen habe“, hieß es in der Erklärung, die Waldemar S. von seinem Anwalt verlesen ließ. Doch die grausigen Details gehen nur zu gut aus den Unterlagen der Kripo und der Rechtsmedizin hervor. 22Mal stach er danach auf die völlig vom Angriff überraschte Frau ein. Einer der vielen Stiche durchbohrte das Herz, ein anderer zerfetzte den Lungenflügel. In der Anklageschrift steht: „Um sicherzugehen, dass die Geschädigte seinen Angriff nicht überleben wird, rammte der Angeklagte dieser das Messer zweimal in den Hals, wobei er die Halsschlagader, die Speiseröhre und den Kehlkopf durchtrennte.“

Zahllose Gewaltausbrüche gegenüber seiner Familie sind aktenkundig

Über die Erklärung seines Anwalts hinaus wollte sich Waldemar S. gestern nicht zur Tat äußern. Aber seine Lebensgeschichte breitete der Ingenieur, der durch die Perestroika aus der Sowjetunion in die beschauliche fränkische Kleinstadt Emskirchen (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Winds-heim) geschwemmt worden war, ellenlang aus. An seiner Ex-Frau Marina, mit der er fünf Kinder hat, ließ er dabei kein gutes Haar. Er brachte sie mit Prostitution und Drogen in Verbindung.

Merkwürdig: Die umfangreichen Ermittlungen, bei denen auch das familiäre Umfeld genau durchforstet worden ist, lieferten darauf nicht den geringsten Hinweis. Dafür sind zahllose Gewaltausbrüche des Angeklagten gegenüber seiner Familie aktenkundig. Auch wenn Waldemar S. unter Tränen versicherte: „Meine Kinder habe ich nie geschlagen.“

Bei der psychiatrischen Begutachtung des Mordverdächtigen fanden sich Anhaltspunkte für Defekte. Wie tiefgreifend sie sind, spielt in dem Prozess, der am Montag fortgesetzt wird, eine zentrale Rolle.

Helmut Reister

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