Er lebt!
Zumindest für ein halbes Jahr. Denn so lange benötigt die CSU ihre Ikone als Zugpferd für die Landtagswahlen – in Form einer Ausstellung.
Die CSU braucht jetzt jeden Mann für den Wahlkampf. Sogar auf Verstorbene greift sie zurück: Nach 20 Jahren muss nun wieder Franz Josef Strauß herhalten. Ausgerechnet der Mann, der nach seinem Tod bei der Parteispitze in Ungnade gefallen war. Mit dessen Amigo-System sein Musterschüler Edmund Stoiber aufgeräumt hatte, um sich selbst eine weiße Weste zu verpassen. Dessen Gruft der Freistaat sogar hatte pfänden lassen, als es um Schmiergelder und Steuerhinterziehung ging.
Die Strauß-Familie triumphiert, nach all der Schmach, die sie erleiden musste. „Mein Vater erlebt ein ganz großes Revival“, jubelt sein jüngster Sohn Franz Georg. „Die ganze Welle, die über uns hereingebrochen ist, bei der die CSU systematisch in Deckung gegangen ist, von Schalck-Golodkowski über Schreiber, bei der Verfolgung meines Bruders, dem Sturz meiner Schwester ist nun gebrochen.“ Er ist überzeugt: „Die Sehnsucht der Menschen nach einer Überfigur ist wieder da.“
Strauß wiederauferstehen lassen
Heute um 11 Uhr wird die bayerische Staatsregierung Strauß in Berlin wiederauferstehen lassen. Mit einer Ausstellung in der bayerischen Vertretung: „Strauß – Ein deutsches Leben“. Gastgeber ist Bayerns Europaminister Markus Söder. Er hat die Ausstellung mit der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung initiiert. Eröffnen wird sie der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber. Rechtzeitig zur heißen Wahlkampf-Phase.
Den 20. Todestag von FJS könnte die CSU nämlich erst am 3. Oktober feiern – fünf Tage, nachdem die Bayern ihr Kreuzl gemacht haben. Zu spät also. Denn diesmal kommt es auf jede Stimme an. Und da müssen auch die alten Strauß-Fans gebauchpinselt und zur Urne gelockt werden.
Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein wird nicht dabei sein. Er verleiht daheim in Bayern lieber den Verdienstorden. Auch CSU-Chef Erwin Huber hat einen Termin vorgeschoben. „Ich bin über die Veranstaltung informiert worden und habe Edmund Stoiber als Hauptredner begrüßt“, sagt er. „Besser als mit dem Ehrenvorsitzenden kann die CSU nicht vertreten sein.“
Der Stoibersche Moment
Edmund Stoiber ist jetzt also für die Vergangenheit der Partei zuständig. Er wird über seine eigene reden: „Politik an der Seite von Franz Josef Strauß“. Völlig überraschend war Franz Josef Strauß am 3. Oktober 1988 um 11:45 Uhr im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg einem „Herz-Kreislaufversagen als Folge eines Multiorganversagens“ erlegen.
Ganz Bayern war im Schock. Seine Erben brachen schnell mit ihm: Max Streibl beteuerte immer, als seine eigenen Amigo-Affären aufflogen: „Mir san doch ned a so schlimm wie der Strauß.“ Edmund Stoiber brach radikal, als das Amigo-System auch ihn einzuholen drohte - und um nicht mehr im Dauer-Schatten von FJS zu stehen.
Familiäre Verwerfungen
2004 war der Niedergang der Strauß-Familie besiegelt. Der älteste Sohn Max wurde in der Schreiber-Affäre wegen Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, in zweiter Instanz dann aber freigesprochen. Tochter Monika Hohlmeier musste wegen der Wahlfälscher-Affäre der Münchner CSU ihren Hut als Schulministerin nehmen.
Offensichtlich hat Stoiber nun ein schlechtes Gewissen. Jetzt, wo Monika Hohlmeier um ihren Wiedereinzug in den Landtag kämpft, will er für sie Wahlkampf machen. Franz Georg Strauß will mit allen Vorurteilen über seine Familie aufräumen. Er hat ein Buch geschrieben, das zum Todestag erscheinen soll. „Ich werde mit den ganzen Geschichten aufräumen und erzählen, wie es wirklich war.“
Und wie war’s wirklich? „Die Familie Strauß hat nirgends einen Cent bekommen. Nicht mal das Wechselgeld“, versichert er. Der CSU habe sein Vater alles gebracht: „Ohne Franz Josef Strauß gäb’s in Bayern keine absolute Mehrheit.“ Die muss er jetzt mit verteidigen. Am 19. August soll die Ausstellung nach München kommen. Wohin, das ist in der CSU und in der Staatsregierung noch nicht geklärt.
Angela Böhm