Er ist der Schmuckhändler des Papstes

Bei Rainer Kraus im Programm: „Gesegnete“ Objekte mit hohem Antik- und Kitschfaktor. Mit Glauben hatte 58-Jährige aber nie viel am Hut.
von  Abendzeitung
Rainer Kraus mit der Vatikan-Kollektion: Der Neumarkter hat die europaweiten Vertriebsrechte – außer im Vatikanstaat.
Rainer Kraus mit der Vatikan-Kollektion: Der Neumarkter hat die europaweiten Vertriebsrechte – außer im Vatikanstaat. © Berny Meyer

Bei Rainer Kraus im Programm: „Gesegnete“ Objekte mit hohem Antik- und Kitschfaktor. Mit Glauben hatte 58-Jährige aber nie viel am Hut.

NÜRNBERG „1968 war ich 18 Jahre alt. Damals dachte ich, wer religiös ist, ist sexuell verklemmt und politisch reaktionär!“ Hätte ihm damals jemand erzählt, dass er heute, 40 Jahre später, Vatikan-Schmuck vertreibt, er hätte ihn wohl kräftig ausgelacht. Seit 2005 handelt der gebürtige Neumarkter Rainer Kraus von Nürnberg aus mit quasi „gesegnetem“ Modeschmuck – die Lizenz dafür kommt direkt aus dem Vatikan.

Der Katholikentag zahlte sich nicht aus

„Ich bin über einen Freund darauf gestoßen“, erklärt der 58-Jährige. Melvin Bernie heißt der gute Mann, ist amerikanischer Jude und vertreibt den Vatikan-Schmuck seit Jahren in Amerika. „Wir sind schon ewig befreundet, und bei einem Deutschlandbesuch sprach er mich darauf an.“ Da der Weltjugendtag in Köln vor der Tür stand und mit Papst Benedikt XVI. ein deutscher Mann der höchste Katholik ist, dachte sich Kraus: „Ja, das könnte funktionieren.“

Und das tut es – und zwar nicht nur bei streng gläubigen Katholiken. „Gerade im Gegenteil“, erklärt Kraus. „In Osnabrück etwa war kürzlich Katholikentag. Der Laden war vier Tage lang voll – aber der Umsatz war weitaus geringer als üblich.“ Lieben die Katholiken ihr Geld wohl noch mehr als religiöse Accessoires?

Nordlichter lassen die Kassen klingeln, Bayern halten sich zurück

Ohnehin lässt das Geschäft mit dem „Schmuck des Papstes“ schlecht planen. So war er anfangs fest davon überzeugt, dass sich die – mitunter recht kitschigen – Objekte in Bayern besser verkaufen als im hohen Norden: „Passen schließlich perfekt zum Dirndl!“ Aber Pustekuchen: Die Nordlichter lassen die Kassen klingeln, die Bayern halten sich zurück. Zu kaufen gibt’s den Schmuck nicht nur in Klosterläden – auch einige hippe Trendshops haben ihn im Programm: „Die verkaufen ihn allerdings ohne Verpackung“, lacht Kraus, der selbst Katholik ist, mit Glauben aber nie wirklich viel am Hut hatte. „Aber wie die jungen Menschen am Weltjugendtag zum Beispiel ihren Glauben mit Mut und Stolz zelebrieren – das finde selbst ich, als alter 68er, beeindruckend.“

Die Schmuckstücke, die Kraus anbietet, sind allesamt Reproduktionen ausgesuchter Motive aus der Vatikan-Bibliothek. Hier haben Normalsterbliche keinen Zutritt. Im Rahmen der Lizenzvereinbarung mit dem Vatikan fließt ein Teil der Verkaufserlöse wieder in die Bibliothek – daher auch der vollständige Name „Vatican Library Collection“, der auf die Rückseite eines jeden Schmuckstücks geprägt ist.

Wer sich den durchaus tragbaren Vatikan-Schmuck ansehen möchte: In Nürnberg ist das z. B. bei Pelz Böck (Am Obstmarkt) oder in der Goldschmiede Mangold (Pirckheimerstraße) möglich – oder unter www.vatikanschmuck.de.

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