Entsetzen und Trauer: Riesen-Fels stürzt auf Haus: Vater und Tochter tot

Es war kurz vor 20 Uhr: Ein tonnenschwerer Felsbrocken kracht auf ein Wohnhaus in Stein (Landkreis Traunstein). Das Haus stürzt ein, eine vierköpfige Familie wird verschüttet. Der Vater und seine 18-jährige Tochter werden tot geborgen.
von  Abendzeitung
für Sophie, die 18-jährige Tochter, kam jede Hilfe zu spät.
für Sophie, die 18-jährige Tochter, kam jede Hilfe zu spät. © az/ho

TRAUNSTEIN - Es war kurz vor 20 Uhr: Ein tonnenschwerer Felsbrocken kracht auf ein Wohnhaus in Stein (Landkreis Traunstein). Das Haus stürzt ein, eine vierköpfige Familie wird verschüttet. Der Vater und seine 18-jährige Tochter werden tot geborgen.

Ein Teppich, ein Kamin, eine Spielesammlung – es ist nicht viel, was der tonnenschwere Felsbrocken ganz gelassen hat, der am Montagabend aus einer Felswand auf ein Einfamilienhaus stürzte. Am Morgen nach dem Unglück mit zwei Toten bedeckt Schnee das Trümmerfeld im oberbayerischen Stein an der Traun, zwei Geologen schreiten das Gelände hinter der Polizeiabsperrung ab, spähen die Felswand hinauf, beratschlagen sich und versuchen eine Antwort auf die Frage zu finden, die nicht nur in Traunreut alle bewegt: Wie konnte das passieren?

Dem Rentner Friedrich Tekesr, der seit 1981 unweit der Unglücksstelle wohnt und schon die halbe Nacht die Rettungsarbeiten beobachtet hat, steht der Schrecken über die nächtlichen Ereignisse auch am Dienstag noch ins Gesicht geschrieben. „Ich habe so gehofft, dass sie lebend herauskommen“, sagt er fassungslos. „An so was hat niemand gedacht, dass so etwas passieren kann. Das ist schlimm, ganz schlimm.“

Rund 250 Einsatzkräfte hatten stundenlang versucht, die verschüttete Familie zu bergen. Doch für den 45 Jahre alten Vater und die 18-jährige Tochter kam jede Hilfe zu spät. Die 40 Jahre alte Mutter und der 16-jährige Sohn konnten dagegen gerettet werden. Sie wurden mit schweren, aber nicht lebensbedrohlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

Genau 100 Jahre lang hatte das Einfamilienhaus an seinem Platz gestanden, bevor es von den Gesteinsmassen zermalmt wurde. Probleme hatte es laut Polizei mit der Felswand nie gegeben, die unmittelbar hinter dem zerstörten Gebäude, zwei weiteren Wohnhäusern und einem Komplex der Schlossbrauerei aufragt – zumindest keine großen: „Man hat ab und zu gehört, dass ein paar Steine aufs Dach gefallen sind“, berichtet Tekesr. Die Polizei kann das nicht bestätigen, völlig ausschließen will sie das auf Nachfrage aber auch nicht. „Die Leute vor Ort wissen vielleicht mehr“, sagt ein Polizeisprecher.

Warum die eine Hälfte der Familie überlebt hat und die andere nicht, obwohl doch alle zum Unglückszeitpunkt in einem Raum waren, kann nur gemutmaßt werden. „Es haben sich vermutlich Hohlräume gebildet, die den Sohn und die Mutter vor den Trümmern geschützt haben“, versucht ein Polizeisprecher eine Erklärung. Fest steht, dass sich die Überlebenden von Anfang an bemerkbar machen konnten. Anfangs nur mit Klopfzeichen, später bestand auch Sprechkontakt mit den Rettern.

Nachbarn trauern um Opfer

Nachbarn und Bekannte an der Unglücksstelle um die beiden Opfer des Unglücks. Sie stellten am Dienstag nahe der Unglücksstelle mehrere Kerzen auf, auch ein Teddybär wurde abgelegt. Eine große Kerze war mit der Aufschrift versehen: „Wir vermissen Dich, Sophie.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der noch in der Nacht an den Unglücksort geeilt war und die Suche nach den Hausbewohnern stundenlang verfolgt hatte, zeigte sich erschüttert. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte er. Dass sich solch ein „Riesenbrocken“ aus der Wand gelöst habe, sei „völlig unerwartet“ geschehen. „Das Haus stand dort seit 1910, da war noch nie etwas passiert.“ Das Ganze sei ein „überaus trauriger und schlimmer Tag für den Ort hier“.

„Ganz herzlich“ dankte Herrmann den Rettungskräften. „Sie haben zum Teil fünf Stunden lang mit den bloßen Händen Erde und Steine rausgetragen“, sagte er. „Mit dieser Hände Arbeit haben sie ermöglich, dass zwei der Bewohner geborgen wurden.“ Noch in der Nacht versprach der Minister eine genaue Untersuchung der Unglücksursache.

Wie lange es dauern wird, bis klar ist, warum der Gesteinsbrocken von den Ausmaßen eines Busses herabstürzte, konnte keiner sagen. „Aber wohl nicht so schnell“, vermutete ein Polizeisprecher. Bis dahin heißt es abzuwarten – auch für die Bewohner der Nachbarhäuser. Bis die Felswand nicht einwandfrei gesichert ist, dürfen sie in ihre vorsorglich evakuierten Häuser jedenfalls nicht zurück.

ddp

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