Entführungsfall Herrmann: Bruder will Schmerzensgeld
Augsburg – Einer der spektakulärsten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik, die Entführung der kleinen Ursula Herrmann vor 34 Jahren, könnte in einem Prozess neu aufgerollt werden. Die Zehnjährige war 1981 am Ammersee verschleppt und in einer Holzkiste vergraben worden, das Mädchen erstickte darin qualvoll. Gegen den in Augsburg zu lebenslanger Haft verurteilten 64 Jahre alten Täter sei nun eine Schmerzensgeldklage aus Herrmanns Familie eingereicht worden, berichtet die "Augsburger Allgemeine" (Samstag).
Walter Rubach, der Verteidiger des 64-Jährigen, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass Ursulas Bruder 20 000 Euro verlange. Das Augsburger Landgericht bestätigte der Zeitung den Eingang der Zivilklage, einen Verhandlungstermin in dem Verfahren gebe es aber noch nicht.
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Der Entführer des kleinen Mädchens war erst fast drei Jahrzehnte nach der Tat überführt und ebenfalls vom Landgericht in Augsburg nach einem mehr als einjährigen Mammutprozess wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge verurteilt worden. Erst nach so langer Zeit konnten Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamtes an einem Tonbandgerät eine Spur sichern, die zu den alten Erpresseranrufen passte. Im Jahr 2011 bestätigte der Bundesgerichtshof die lebenslange Haft.
Am 15. September 1981 hatte der Mann bei Eching am Ammersee demnach das Mädchen vom Kinderfahrrad gerissen, in der Kiste vergraben und von der Familie zwei Millionen Mark gefordert. Als der Täter feststellte, dass Ursula erstickt war, brach er den Kontakt zur Familie ab. Das Kind war bereits nach kurzer Zeit umgekommen, weil Laub das primitive Belüftungssystem der Kiste verstopft hatte. 19 Tage später entdeckten die Fahnder die Leiche.
Obwohl 15 000 Spuren nach der Entführung ausgewertet wurden und der später verurteilte Radio- und Fernsehtechniker auch damals schon im Visier der Ermittler war, konnte der Kriminalfall in den 80ern nicht gelöst werden. Der 64-Jährige beteuerte stets, mit dem Verbrechen nichts zu tun zu haben. "Ich bin mir sicher, dass ich am Ende frei gesprochen werde", sagte er im Prozess. Das Zivilverfahren sei nun "eine Möglichkeit, eine Beweisaufnahme nochmals zu versuchen", sagte Anwalt Rubach. Dadurch gebe es die Chance, dass auch der Strafprozess in einem Wiederaufnahmeverfahren neu aufgerollt werde.
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