Eklatanter Mangel: Grundschullehrer dringend gesucht!

Immer mehr Schüler, immer mehr Druck, aber immer weniger Pädagogen. Welche Lösungen es geben kann, woran es dabei hapert.
Ruth Schormann |
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So verdeutlicht die Bertelsmann-Stiftung die kommende Lehrer-Lücke.
Grafik: Bertelsmann Stiftung So verdeutlicht die Bertelsmann-Stiftung die kommende Lehrer-Lücke.

München - Der Druck wächst. Grundschule ist längst nicht mehr ein bisserl Malen nach Zahlen und Rechenschieber-Spielen. Jüngste Vergleiche zeigen: Kinder können immer schlechter lesen, Sprösslinge aus benachteiligten Familien verlieren den Anschluss. Die Ansprüche an die Lehrer wachsen, deren Herausforderungen noch mehr, auch durch viele Schüler, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben, und die Inklusion der Förderschüler.

Und es gibt bald zu wenige Pädagogen für die Schulanfänger, zeigt eine Bertelsmann-Studie. Die Experten schätzen: 2025 werden bereits 35.000 Grundschullehrer in Deutschland fehlen.

Um der Personalnot entgegenzuwirken, sei es nicht ausreichend, genug Nachwuchs an den Universitäten auszubilden. Es brauche kurzfristige und flexible Lösungen, fordern die Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn, die für die Bertelsmann-Stiftung die Studie "Lehrkräfte dringend gesucht – Bedarf und Angebot für die Primarstufe" durchgeführt haben.

Manchen wird die frühere Pensionierung nicht erlaubt

Warum braucht’s immer mehr Lehrer? Das hat drei Gründe: Es gibt mehr Kinder. 26.000 Neueinstellung sind deswegen nötig, schreiben die Bildungsexperten. Nur so könne der Unterricht für alle Schüler gewährleistet werden.

Außerdem gehen viele Grundschullehrer in Pension. 60.000 der insgesamt 105.000 geforderten neuen Grundschullehrer müssen also Kollegen ersetzen, die aus dem Dienst ausscheiden. Denn fast 40 Prozent der jetzigen Grundschullehrer erreichen bis 2025 das Pensionsalter.

Dritter Grund für den steigenden Personalbedarf an Deutschlands Grundschulen ist der Ausbau der Ganztagesangebote. Dafür berechnen die Bildungsforscher 19.000 neue Stellen, die besetzt werden müssten. Bereits jetzt werden in manchen Bundesländern Gymnasiallehrer an die Grundschule versetzt oder Lehrern im Rentenalter die frühzeitige Pensionierung verwehrt – in Bayern ist das der Fall.

Das Problem: Den oben genannten Zahlen stehen in diesem Zeitraum, bis 2025, nur etwa 70.000 regulär ausgebildete Absolventen fürs Grundschullehramt zur Verfügung. Daraus resultiert der bereits genannte Mangel von etwa 35.000 Lehrern.

So verdeutlicht die Bertelsmann-Stiftung die kommende Lehrer-Lücke.
So verdeutlicht die Bertelsmann-Stiftung die kommende Lehrer-Lücke. © Grafik: Bertelsmann Stiftung

Größere Klassen sind keine Lösung

Also einfach mehr Studenten zulassen? So einfach ist es nicht, warnen die Autoren der Bertelsmann-Studie. Das ist die Rechnung: Das Studium fürs Grundschullehramt dauert in der Regel vier bis fünf Jahre, danach folgt das Referendariat. Das heißt, in der Hochphase des Lehrermangels sind die neu ausgebildeten Kräfte noch gar nicht voll einsatzfähig.

Die Lösungen: Die Bildungsforscher haben in ihrer Studie mit Lehrern gesprochen und diejenigen, die täglich in der Schule fördern und gefordert werden, nach ihren Vorschlägen gefragt – doch es sind Notlösungen. Einfach größere Klassen zu bilden, kann keine Lösung sein, schreiben die Experten. Denn darunter leide die Qualität des Unterrichts, die individuelle Förderung der Kinder bleibt auf der Strecke, die Belastung für die Pädagogen wird noch größer.

Stattdessen schlagen die Studienmacher vor, Anreize für bereits fertig ausgebildete Lehrer zu schaffen, damit sie ihre Stunden erhöhen. Denn um die 40 Prozent der Lehrer im Grundschulbereich seien Teilzeitkräfte. Deswegen sollte es einfacher gestaltbar sein, Familie und Beruf zu vereinbaren, um beispielsweise früher aus der Elternzeit zurückkehren zu können.

Neun von zehn Lehrern an Grundschulen sind Frauen, sie machen 95 Prozent der Teilzeitkräfte aus. Auch Pensionäre könnten kurzfristig Hilfe bieten, schlagen die Autoren vor. Manche möchten vielleicht stundenweise unterrichten. Damit könnten sie in den brisanten kommenden Jahren den Mangel kleiner halten. Zuletzt verweisen die Macher auf Seiteneinsteiger in den Schuldienst, die aber dennoch qualifiziert sein müssten.


So viele Lehrer fehlen in Bayern

Der Bayerische Lehrerverband rechnet zum Jahr 2030 mit einem zusätzlichen Lehrerbedarf von 3.200 – betrachtet man an, wie viele in Pension gehen (10.600) und wie viele Kinder (zwölf Prozent) nachkommen. An den weiterführenden Schulen sieht es nicht besser aus: Mehr als jeder dritte Lehrer wird bis 2015 im Freistaat in Pension gehen: Das sind 43.500. Die Geburten lassen die Schülerzahlen um etwa 8,5 Prozent steigen. Es braucht also 9.900 neue Stellen, rechnet BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann vor.

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