Eishallen-Drama von Bad Reichenhall: Der Kampf geht weiter

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kämpfen die Angehörigen der Opfer weiter. "Das haben wir unseren toten Kindern versprochen", sagt Robert Schmidbauer. Er verlor seine beiden Töchter
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Am 2. Januar 2006 stürzte die durch Bau- und Wartungsmängel völlig marode Eishalle ein. Zwölf Kinder und drei Mütter starben.
AP Am 2. Januar 2006 stürzte die durch Bau- und Wartungsmängel völlig marode Eishalle ein. Zwölf Kinder und drei Mütter starben.

BAD REICHENHALL - Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kämpfen die Angehörigen der Opfer weiter. "Das haben wir unseren toten Kindern versprochen", sagt Robert Schmidbauer. Er verlor seine beiden Töchter

Für die Angehörigen der 15 Toten bedeutet es neue Hoffnung auf ein gerechteres Urteil. Für die Stadt Bad Reichenhall ist es eine Ohrfeige: Am Dienstag hob der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch im Eishallenprozess gegen den Statiker Rüdiger S. auf (AZ berichtete). Er hatte drei Jahre vor dem Einsturz ein falsches, oberflächliches Gutachten über die Eishalle erstellt und ihr einen „allgemein als gut zu bezeichnenden Zustand“ bescheinigt.

Der BGH forderte, dass im neuen Prozess, der nun stattfinden muss, geprüft wird, ob es sich bei dem Bericht von Rüdiger S. nicht um ein Gefälligkeitsgutachten für die Stadt handelte. Folglich muss die Staatsanwaltschaft erneut prüfen, ob diesmal nicht auch Verantwortliche der Stadt auf die Anklagebank gehören.

Als das Landgericht Traunstein am 18. November 2008 die Urteile im Prozess um den Einsturz der Halle sprach, konnte es Robert Schmidbauer (heute 43) nicht fassen. Seine Töchter Christina (†11) und Marina (†8) waren am 2. Januar 2006 in der Eishalle gestorben. 28 Tage dauerte der Prozess, drei Männer saßen auf der Anklagebank.

Doch nur der Konstrukteur des Hallendachs Walter G. (68) wurde schließlich wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Für Robert Schmidbauer war G. ein „Bauernopfer“. Der Statiker Rüdiger S. hingegen sei nur durch „juristische Finesse“ freigesprochen worden.

Ingenieur S., der viele Aufträge der Stadt erfüllte, sollte 2003 für den Billigpreis von 3000 Euro die Sanierungskosten der Halle ermitteln. Er tat es oberflächlich. Die maroden Dachbalken, durch die seit Jahren das Wasser tropfte, inspizierte er per Teleobjektiv. So kam er zu seiner fatalen Fehleinschätzung.

„Eine lange Kette von Fehlern führte zum Einsturz, der Statiker war der letzte in der Reihe“, sagt Robert Schmidbauer. Rüdiger S. hätte die Mängel erkennen müssen und die Stadt darauf hinweisen. Richter Armin Nack vom BGH: „Das wäre geradezu ein Alarmsignal gewesen.“

Nun muss sich Rüdiger S. erneut vor Gericht verantworten. Der Prozess wird frühestens im Herbst vor einer anderen Strafkammer in Traunstein verhandelt. Es wird spannend, ob er alleine auf der Anklagebank sitzen wird.

Für Robert Schromm, dessen Frau Michaela in der Eishalle umkam, saßen von Anfang an die Falschen auf der Anklagebank. Er hat mit seinem Anwalt den früheren Oberbürgermeister Heitmeier, die damalige Stadtbaudirektorin sowie den noch amtierenden Leiter des Hochbauamtes angezeigt, damit gegen sie ermittelt wird.

„Ein neuer Prozess ist schmerzhaft, aber gibt den Opfern eine neue Chance“, sagt er. Auch Robert Schmidbauer will bis zum Schluss kämpfen, dass die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden. „Das haben wir unseren toten Kindern versprochen.“

N. Job

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