Einstürzende Pressluftschuppen

Nürnberg - Spielwitz: Die Global Kryner erweiterten in der Katharinenruine ihr Oberkrainer Jagdrevier

Einstürzende Pressluftschuppen kann der staunende Erstbesucher an diesem Sommerabend in der Nürnberger Katharinenruine auch erleben, wenn die österreichischen Global Kryner Gloria Gaynors Uralt-Disco-Knaller „I will survive“ wahrhaft Schwindel erregend mit dem Blech vor sich hertreiben. Und „Lady Marmelade“ gleich hinterher. Aber nicht nur äußerlich hat sich die Kapelle um Klarinettist Christof Spörk von der Uniformierung abgewandt. Trachtenlook ist passé, das Eigene und Vielfalt werden in. „Weg“ heißt das neue Album. Weg ist auch das Ziel, sich nur durch die Popgeschichte zu oberkrainern.

Also wird Madonnas „Like a Virgin“ jetzt mit kollektivem Jungfrau-Quietschen auf die Spitze getrieben, Santanas Polyrhythmik von „Oye como va“ durch Bassposaune,Trompete und Akkordeon nachgestellt, und noch beim finalen „Something Stupid“ wird der Jazz aus der Volksmusik gequetscht. Ansatzlos switchen die Global Kryner zwischen Karibik und Karawanken-Gebirge hin und her und machen schon mit dem behutsam walzernden Einstieg klar, dass ihr System ins (Kara-)Wanken gerät. Das Täuschungsmanöver wird zum Heidenspaß.

Sabine Stieger gibt den Liedern souverän Halt mit angeschwärzter Stimme. „Proud Mary“ (mit Zeitlupen-Einstieg, rollendem „River“ und Jodel-Intarsien) ebenso wie dem alberndem „Sex im Büro“ (Andy Borg, weghören!) und dem blondierten „Schlampen“-Song, wo man „mit Lippenstift und Zickengift“ durch Heile-Welt-Kulissen fetzt. Hinter dem evergreenen Jagdrevier der Persiflage geht’s weiter für die virtuosen Musiker (etwa Edi Köhldorfer mit wunderbarem Gitarren-Bauchladen). Die Global Kryner bleiben ein Kunstprodukt, aber mit höchst originellem Naturaroma. Andreas Radlmaier

Die Global Kryner spielen am 26. September bei der „KulTour“, Stadthalle Hilpoltstein