Einmalig: Eine Kirche nur für die Jugend
Projekt im Nürnberger Norden: Neues Outfit für alte Themen soll die Kids ins Gotteshaus locken.
NÜRNBERG Früher gab’s den Kindergottesdienst, die Kirche war von Schlagworten wie „Zielgruppen“ oder „Reichweitenanalysen“ so weit entfernt wie heute der Jugendliche vom Abendmahl. Nur 25 Prozent der Kids erreichen die evangelischen und katholischen Kirchen mit ihrer Jugendarbeit. „Wir müssen die anderen 75 Prozent kriegen“, bringt es Thomas Kaffenberger, evangelischer Dekanatsjugendpfarrer in Nürnberg, auf den Punkt. Deshalb steht er einem bayernweiten Pilot-Projekt vor: der „Jugendkirche“, die im November in der Leipziger Straße im Nürnberger Stadtteil Nordostbahnhof eröffnet wird.
500 Jugendliche wurden befragt, um Ideen und Wünsche gebeten, nach Jahren der Planung gab der Landeskirchenrat sein Okay. Die evangelische Kirche St. Lukas bot sich an: Sie war für die schwindende Gemeinde zu groß geworden, die Renovierung für die 2000 Mitglieder fassende Gemeinde zu teuer. 1,5 Millionen Euro gibt’s vom Landeskirchenrat für das Projekt. „Hätten wir den Zuschlag nicht bekommen, wäre das Geld in ein anderes Projekt geflossen“, weist Kaffenberger Vorwürfe anderer Gemeinden zurück, dass denen jetzt Geld für die Jugendarbeit fehle. Er rechnet mit zwei Millionen Euro für die Renovierung der 700 Quadratmeter samt Dach und Fußbodenheizung, er hofft auf Spenden und Stiftungen.
Die Kirche steht unter Erfolgsdruck
Die Jugendkirche ist für 15- bis 27-Jährige gedacht, es sollen im Wechsel Gottesdienste und Events stattfinden. Ob Theater oder Konzert, im Mittelpunkt stehen alte christliche Themen im neuen Outfit, aber auch Probleme, die die Jugend heute beschäftigt. Damit die modern transportiert werden, hat die Technik einen hohen Stellenwert: Musikanlage, Beamer und Stahlkonstruktionen wie bei einem Rockkonzert, mit deren Hilfe sich der Raum für Gottesdienste kleiner machen oder ihn wirken lässt wie eine Bühne.
„Intern wie extern haben wir Kritiker“, bekennt der Nürnberger Dekan Chistopher Krieghoff. „Aber die Jugendarbeit der Kirche führt nicht zum Gottesdienstbesuch, da sind wir erfolglos geblieben.“ Zum ersten Mal steht die Kirche unter Erfolgsdruck: „Wir müssen beispielsweise Besucherzahlen erfüllen“, sagt Kaffenberger: 100 bei den Gottesdiensten, 300 bei den Events. Abgerechnet wird 2013 – dann wird über die Zukunft des „Laborversuchs“ entschieden.
Jetzt aber muss erst einmal die alte Kirche ausgeräumt werden. Die ersten Fans hat die Kirche schon: 20 Jugendliche packten mit an.
S. Will
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