Eine tickende Zeitbombe

Er war mehrfach vorbestraft und galt als rückfällig: Wie ein Staatsanwalt vergeblich verhindern wollte, dass der Sex-Verbrecher Matthias A. (40) jemals wieder in die Freiheit entlassen wird.
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Matthias A., gefasst von der Polizei
fib Matthias A., gefasst von der Polizei

TÖGING/MÜNCHEN/KARLSRUHE - Er war mehrfach vorbestraft und galt als rückfällig: Wie ein Staatsanwalt vergeblich verhindern wollte, dass der Sex-Verbrecher Matthias A. (40) jemals wieder in die Freiheit entlassen wird.

Ein einschlägig vorbestrafter Sex-Verbrecher, der als rückfallgefährdet gilt, trotzdem frei kommt und dann erneut ein Mädchen fast tötet – das Verbrechen an der 16-jährigen Carmen aus Töging rührt an Urängste. Wie berichtet, überfiel der mehrmals einschlägig vorbestrafte Matthias A. (40) am Dienstag die Schülerin. Er versuchte sie zu vergewaltigen, stach das Mädchen nieder und überschüttete es mit Benzin. Warum kam Matthias A. überhaupt frei? Wer schützt die Bevölkerung vor Zeitbomben wie ihm?

Ein Jurist von der Staatsanwalt Göttingen versuchte jahrelang zu verhindern, dass der in Mainz geborene Matthias A. wieder frei kommt. Das Strafregister des Sex-Verbrechers ist lang: Matthias A. begann mit Diebstählen und Brandstiftung, räuberischer Erpressung und Menschenraub. Am 6. August 1991 stand er erstmals wegen sexueller Nötigung vor Gericht. Strafe: Neun Monate auf Bewährung. Nur zehn Tage später vergewaltigte er eine Schülerin (18). Am 7. Mai 1992 wurde er zu drei Jahren Haft und Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt. Ein Gutachter stellte eine dissoziale Persönlichkeitsstörung fest, was als schuldmindernd galt.

A. verbrachte 14 Jahre in psychiatrischen Krankenhäusern. Als er am 10. April 2000 Ausgang hatte, fiel er erneut eine Frau an, versuchte sie in den Kofferraum zu zerren. Dieses Mal bekam er ein Jahr und sechs Monate plus Unterbringung. Doch dann hob das Landgericht Saarbrücken am 17. Februar 2006 den Unterbringungsbeschluss auf. A.’s Störung wurde nun als unheilbar eingeschätzt. Christiane Schmitt vom Landgericht Saarbrücken: „Die formellen Voraussetzungen waren nicht mehr gegeben.“ Gutachter schätzten A. nach wie vor als sehr gefährlich ein. Er musste seine restliche Strafe absitzen.

Im Juli 2006 beantragte der Staatsanwalt aus Göttingen eine nachträgliche Sicherungsverwahrung. Das Landgericht lehnte ab, der Staatsanwalt ging in Revision zum BGH. Die Generalbundesanwaltschaft wertete die Revision als begründet und zulässig. Trotzdem scheiterte auch der letzte Versuch, die Bevölkerung vor A. zu schützen: Der BGH sah keine rechtliche Möglichkeiten, A. weiter festzuhalten. Im Oktober wurde er entlassen.

Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist überhaupt erst seit 2004 möglich. Die Hürden sind hoch. In A.’s Fall durfte sie nicht angewandt werden, da er nach der Psychiatrie nicht direkt frei kam. Eine Gesetzeslücke, beklagen Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk. Herrmann: „Solche Leute gehören hinter Schloss und Riegel“ – zum Schutz der Bevölkerung!“ Nach der Bluttat von Töging erwarten A. jetzt viele Jahre Haft. Dieses Mal müsste sein Fall alle Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung erfüllen. N. Job

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