Eine Dienstleistung wie jede andere? Bayern-FDP will bessere Situation für Prostituierte

Die bayerische FDP will die Sexarbeit aus ihrer Schmuddelecke holen.
von  Heidi Geyer
Die FDP-Politikerin Julika Sandt will die Sexarbeit aus der Schmuddelecke herausholen. (Symbolbild)
Die FDP-Politikerin Julika Sandt will die Sexarbeit aus der Schmuddelecke herausholen. (Symbolbild) © imago images/Rolf Kremming

München - Sie sei bei jeder Kindergartenaufführung ihrer Tochter gewesen. Trotz oder gerade weil sie als Prostituierte arbeitet, erzählt Anita.

Sie gehört zu jenen, die sich bewusst und freiwillig für Sexarbeit entschieden hat. Der Job biete ihr einerseits gute Verdienstmöglichkeiten und freie Zeiteinteilung, aber eben auch ein massives gesellschaftliches Stigma. "Ich habe auch meinen Beruf verleugnet, weil ich nicht wollte, dass mein Kind nicht mehr zum Kindergeburtstag eingeladen wird", sagt Anita.

Julika Sandt: "Jede und jeder soll selbst entscheiden können, wie man arbeiten will"

Diese Stigmatisierung möchte Julika Sandt, Sprecherin für Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Jugend, Senioren und Menschen mit Behinderung der FDP im Bayerischen Landtag, ändern. Sie hat Anita zu einer Pressekonferenz eingeladen.

Julika Sandt ist stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Julika Sandt ist stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag. © picture alliance/dpa

Man muss sich da schon etwas die Augen reiben. Denn im ersten Moment sieht Sandt eher aus wie die nette Dame von der Sparkasse, bei der man einen Kreditvertrag unterzeichnet. Und nicht wie eine Politikerin, die für die Rechte von Prostituierten kämpft. Aber vielleicht sind das gerade die fatalen Vorurteile, die Frauen das Leben schwer machen. "Wenn wir über Änderungen sprechen, dann ist es wichtig, mit den Menschen zu sprechen, die in diesem Bereich tätig sind," sagt Sand.

Aus der Schmuddelecke will die FDP-Politikerin die Sexarbeit herausholen. "Jede und jeder soll selbst entscheiden können, wie man arbeiten will", sagt Sandt. Ihr Credo: Die Hürden für die Ausübung von legaler Prostitution abbauen, um illegale Prostitution zu verhindern.

Menschenhandel und Ausbeutung durch Zwangsprostitution 

Sandt will beispielsweise Wohnungsprostitution erleichtern, damit Sexarbeiterinnen eine Alternative zum Großbordell haben. Wobei das Beispiel zeigt, wie schwierig Gesetzgebung ist, wenn nur Sexarbeiterinnen und nicht die Zwangsprostitution profitieren soll. "Gegenüber der Wohnungsprostitution scheinen Haus- und Hotelbesuche sowie die klassische Bar-, Bordell- und Straßenprostitution angesichts rückläufiger zahlenmäßiger Entwicklungen weiter an Bedeutung verloren zu haben", schreibt das Bundeskriminalamt (BKA) in seinem Bundeslagebericht zu Menschenhandel und Ausbeutung für das Jahr 2021.

Weder Sandt noch Anita ignorieren, dass es Zwangsprostitution gibt. Dennoch will Sandt, dass Prostitution legal bleibt. Sie verweist auf die Corona-Zeiten, während derer Sexarbeit illegal war: "Eine Studie des Bundeskriminalamts hat gezeigt, dass mehr sexuelle Ausbeutung stattfand."

Die FDP-Abgeordnete fordert zudem die Liberalisierung von Sperrbezirken. Nicht zuletzt sollen Prostituierte aber auch mehr Beratung erhalten - zum Ausstieg aus dem Rotlicht, aber auch zu gesundheitlichen Fragen. Gleichzeitig will die FDP-Landtagsfraktion, dass die Anstrengungen bei der Prävention und dem Opferschutz bei Zwangsprostitution und Menschenhandel entscheidend ausgebaut werden, etwa durch gezielte Aufklärungskampagnen und Frauenhaus-Plätze.

Ein zentraler Punkt ist für Sandt, dass die Prostitution im Freistaat wissenschaftlich untersucht werden soll, etwa um zu erfahren, wie es um die illegale Prostitution steht. Das könnte schwierig werden, wenn schon das BKA keinen richtigen Einblick hat: Im Jahr 2021 wurden laut BKA-Bericht 291 Verfahren wegen sexueller Ausbeutung abgeschlossen. Allerdings geht die Behörde von einem hohen Dunkelfeld aus.

Die Sexarbeiterin Anita begrüßt Sandts Initiative: "Es ist an der Zeit, dass dieses Thema ganz klar benannt wird", sagt Anita. Es sei schlicht eine ganz normale Dienstleistung. Wie jede andere auch.

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