„Ein Priester hat mich im Beichtstuhl missbraucht!“

Eine 49-Jährige klagt an: Schon seit Jahren streitet sie um 250.000 Euro Schmerzensgeld
WÜRZBURG Der Prozess um einen angeblichen sexuellen Missbrauch in einem Beichtstuhl zieht sich weiter hin. In dem schon seit Jahren andauernden Zivilverfahren vor dem Würzburger Landgericht stritten sich die Beteiligten am Dienstag über das Gutachten eines Sachverständigen, das der Klägerin Cornelia H. volle Prozess- und Geschäftsfähigkeit bescheinigte. Der Anwalt der Frau warf dem Gutachter dagegen Befangenheit vor, weil er Stellungnahmen anderer Ärzte nicht mit einbezogen habe.
Cornelia H. behauptet weiterhin, vor etwa 40 Jahren von einem Würzburger Priester im Beichtstuhl sexuell missbraucht worden zu sein. Sie fordert deshalb 250 000 Euro Schmerzensgeld von der Diözese Würzburg. Das Landgericht will bis Anfang Juni über den Befangenheitsantrag gegen den Gutachter entscheiden.
Die heute 49-Jährige hatte zwischen 1964 und 1974 in einem katholischen Kinderheim in Würzburg gelebt. Sie soll dort auch von Franziskanerschwestern verprügelt worden sein. Erst vor einigen Jahren will sich die schlanke Frau mit den kurzen grauen Haaren an die angeblichen Vorfälle erinnert haben. Als Grund für die späte Erinnerung nannte sie die Traumatisierung durch den sexuellen Missbrauch.
Ein Großteil der möglichen Missbrauchs-Taten ist verjährt
Das Gutachten, das das Gericht gestern unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutierte, kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass die Frau die ganze Zeit über voll prozess- und geschäftsfähig war. Somit hätte sie ihre Ansprüche schon viel früher geltend machen können und müssen. Ein Großteil der möglichen Missbrauchs-Taten, die etwa 40 Jahre zurückliegen, ist inzwischen verjährt.
Die Diözese Würzburg als Vorgesetzte des beschuldigten Priesters wies erneut alle Vorwürfe von Cornelia H. zurück. Der Rechtsanwalt der Diözese betonte, das Bistum habe bereits „auf den allerersten Verdacht hin“ ermittelt. Untersuchungen hätten aber die Schilderungen der Frau nicht bestätigt. Der von ihr beschuldigte Priester konnte nie gefunden werden, auch der Beichtstuhl nicht, in dem er sich dem Mädchen sexuell genähert haben soll..
Erst als klar gewesen sei, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, habe man sich auf die Verjährung berufen, erklärte der Anwalt des Bistums.
Der Prozess wird am 1. Juni fortgesetzt. dpa/azn