Ein Pater rettet Essen aus Mülltonnen und hilft Armen...

...und macht sich damit wohl strafbar. Warum Jörg Alt genau das bewusst in Kauf nimmt und sich mit Aktivisten gegen Verschwendung starkmacht.
Helmut Reister |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
3  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Pater Jörg Alt setzt sich gegen Lebensmittelverschwendung ein.
Pater Jörg Alt setzt sich gegen Lebensmittelverschwendung ein. © jesuitenweltweit

Nürnberg - Mit Lebensmitteln aus Müllcontainern von Supermärkten, die er kostenlos in der Innenstadt verteilt hat, will der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt ein Zeichen setzen. Die erwartbare Strafanzeige und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen mehrfachen Diebstahls sind Teil der Aktion, die unter seiner Federführung lief.

Zusammen mit Aktivisten aus dem "Klimacamp" in Nürnberg ist der Pater mehrere Nächte lang auf "Raubzug" gegangen.

Lebensmittelretten für den guten Zweck

Auf dem Gelände von Supermärkten knackten er und seine Mitstreiter die Abfall-Container und nahmen alle brauchbaren Lebensmittel mit: Bananen, die nur einen braunen Fleck aufwiesen, Obst, Gemüse und Produkte, die noch originalverpackt waren und deren Haltbarkeitsdatum erst kurz oder noch gar nicht abgelaufen war.

Danach wurden diese Lebensmittel in der Innenstadt kostenlos an Passanten verteilt.

Juristisch gesehen ist "Containern" Diebstahl - wird sich das ändern?

"Containern", wie das Aufbrechen der Müllbehälter und das Mitnehmen von Lebensmitteln in der einschlägigen Szene genannt wird, ist strafbar und im Paragrafen 242 des Strafgesetzbuchs geregelt. Diebstahl von herrenlosen Gegenständen aus verschlossenen Behältern lautet die genaue juristische Bewertung.

Auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich schon damit

Aufsehen erregten damit etwa zwei junge Frauen aus Oberbayern, die fürs Containern sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zogen. Und scheiterten. "Containern" bleibt weiterhin strafbar, so das Urteil.

Hier werden die guten Lebensmittel verteilt.
Hier werden die guten Lebensmittel verteilt. © jesuitenweltweit

Der Jesuitenpater bezeichnet die bewusste Überschreitung der Grenze zur Strafbarkeit als "notwendigen zivilen Ungehorsam". Von einem öffentlichen Strafverfahren verspricht er sich höhere Aufmerksamkeit gegenüber der Problematik von Lebensmittelüberproduktion, Verschwendung und Vernichtung.

Lebensmittelverschwendung VS. Welthunger

"Zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel", hält Pater Jörg Alt fest, "landen allein in Deutschland jährlich im Müll." Für sie seien riesige Mengen an Energie, Wasser und anderen Rohstoffen verschwendet worden, mitverantwortlich für Klimawandel, Artensterben und der Zerstörung natürlicher Ressourcen. "Und gleichzeitig", so Alt, "leiden 800 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger."

Die Staatsanwaltschaft in Nürnberg sagt: Gegen Alt wird ermittelt.

Neben einer möglichst breiten Diskussion zu dem Thema verspricht sich der Jesuitenpater auch einen konkreten Schritt der neuen Bundesregierung. Das Mitnehmen von Lebensmitteln, die erkennbar zur Vernichtung bestimmt sind, soll demnach nicht mehr strafbar sein.

Neuer Wirtschaftsminister steht im Fokus

Jörg Alt hat bei dieser Frage auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Blick. Als dieser noch in der Opposition war, hielt er diesen Schritt für angebracht.

Lesen Sie auch

Aktuell läuft noch ein Verfahren

Für die Nürnberger Staatsanwaltschaft spielt ein möglicher politischer Hintergrund erst einmal keine Rolle. Behördensprecher Daniel Hader bestätigte lediglich, dass ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Pater Jörg Alt eingeleitet worden sei. Der Ausgang sei völlig offen. "Wir müssen uns den Vorgang erst einmal genau anschauen", erklärte Hader dazu der AZ.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
3 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Hel am 26.12.2021 19:05 Uhr / Bewertung:

    "...knackten er und seine Mitstreiter die Abfall-Container..."?
    Sperren die jetzt mittlerweile echt die Mülltonnen ab?

    Hatte gedacht, zumindest bei den "zwei jungen Frauen aus Oberbayern" waren die Container unverschlossen?

  • Der wahre tscharlie am 24.12.2021 16:08 Uhr / Bewertung:

    12 000 000 Tonnen landen jährlich im Müll!

    Uns Deutschen geht es viel zu gut! Und dann werden diese Leute auch noch bestraft, dass sie die Lebensmittel "retten".
    Es wird Zeit, dass sich an der Gesetzeslage bei uns etwas ändert. Frankreich ist da schon viel weiter. Da werden die Discounter bestraft, wenn sie noch Essbares wegschmeißen.
    Und wann kommt das bei uns?

  • glooskugl am 24.12.2021 14:00 Uhr / Bewertung:

    Ziemlich pervers diese Gesetze ,die gehören genau dahin wo intakte Lebensmittel nicht hingehören in den Müll.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.