Ein Jahr Rettet die Bienen: Initiatoren sehen noch Nachholbedarf

Vor ziemlich genau einem Jahr hat der bayerische Landtag das Volksbegehren für mehr Tier- und Naturschutz angenommen. Seither ist es ruhig um das einstige Streitthema. Das kann sich nun ändern.
von  dpa
Über 1,7 Millionen Menschen haben das Volksbegehren unterschrieben.
Über 1,7 Millionen Menschen haben das Volksbegehren unterschrieben. © Matthias Balk/dpa

München - Ein Jahr nach der Annahme des Volksbegehrens Artenvielfalt "Rettet die Bienen" im bayerischen Landtag fällt das Fazit der Initiatoren durchwachsen aus.

Quer durch viele Bereiche werde deutlich: "Die Übernahme durch die Regierung erfolgte aus politischem Kalkül und nicht aus Überzeugung", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann der Deutschen Presse-Agentur in München. Es fehle oft an einer notwendigen Datenbasis, die Voraussetzung für Umsetzung und Messbarkeit einzelner Maßnahmen sei.

Als Beispiel nannte Hartmann die sogenannte Bioquote für die Landwirtschaft. Das Gesetz sieht vor, dass mindestens 50 Prozent der in staatlichen Kantinen verwendeten Waren aus biologischer oder regionaler Erzeugung stammen. "Zunächst schienen wir uns alle einig, dass wir den Bioanteil in der Landwirtschaft erhöhen und den Bioabsatz deshalb ankurbeln müssen", sagte Hartmann. Nun scheitere schon dieses einfache Ziel daran, dass die Staatsregierung nicht wisse, wie viel Bio in ihren Kantinen auf den Tisch komme und daher auch keinen Plan für mehr Bio habe. "Hier fehlt es letztlich am echten Willen, die Herausforderungen anzupacken und zum Besseren zu lösen."

Ludwig Hartmann von den Grünen.
Ludwig Hartmann von den Grünen. © dpa

Hartmann bezieht sich in seiner Kritik auf eine Antwort des Agrarministeriums auf eine Parlamentsanfrage zur Verwendung von Bio-Schweinefleisch in Kantinen. Darin heißt es, "derzeit liegen keine aktuellen Daten vor". Gleichwohl bekräftigt die Regierung ihr Ziel, bis 2025 den Anteil regionaler und ökologischer Lebensmittel in staatlichen Kantinen auf 50 Prozent erhöhen zu wollen.

Volksbegehren hatte Rekordbeteiligung erreicht

Am 17. Juli 2019 hatte der Landtag das Volksbegehren angenommen und ein Begleitgesetz sowie einen umfangreichen Maßnahmenkatalog beschlossen. Kurz darauf vereinbarte der Trägerkreis des Volksbegehrens, die Umsetzung der Maßnahmen von unabhängigen Wissenschaftlern der Hochschule Nürtingen überprüfen zu lassen. An diesem Donnerstag wollen die Initiatoren in München Bilanz ziehen.

Das Volksbegehren hatte 2019 eine nie da gewesene Rekordbeteiligung erreicht und damit die schwarz-orange Staatsregierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) massiv unter Zugzwang gesetzt. Am Ende forderten 18,3 Prozent der Wahlberechtigten - fast 1,75 Millionen Menschen - mit ihren Unterschriften einen stärkeren Natur- und Artenschutz in Bayern. Um die Kritiker des Volksbegehrens, etwa unter den Landwirten aber auch in den Reihen von CSU und Freien Wählern, zu beruhigen, hatte Söder zudem einen runden Tisch initiiert, um alle Interessen in Einklang zu bringen.

Regierung verhinderte einen Volksentscheid

Mit der Annahme des Volksbegehrens verhinderte die Regierung einen Volksentscheid, dieser hätte sonst auch das Artenschutzgesetz gegen den Willen der Regierung durchsetzen können. Zudem beschloss der Landtag auch ein sogenanntes Versöhnungsgesetz, das finanzielle Ausgleiche für die Bauern vorsieht, sowie einen Maßnahmenkatalog mit Regelungen etwa zur Kartierung von Biotopen.

Die neuen Gesetze sehen strengere Regeln im Umwelt-, Natur- und Artenschutz vor. Unter anderem müssen Biotope besser vernetzt, Gewässerrandstreifen an Äckern und Straßen besser geschützt, der Einsatz von Pestiziden eingeschränkt und der ökologische Anbau deutlich ausgebaut werden.

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