Ein Dorf in Trauer: Aying nimmt Abschied von Franz Inselkammer senior

Der Tod von Franz Inselkammer bewegt die kleine Gemeinde im Landkreis München. Bürger und Politiker begleiten den früheren Brauereichef auf seinem letzten Weg.
Alexander Spöri
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Einmal ging es noch von der Kirche aus zum Bräustüberl und anschließend wieder zurück. Dann wurde der Ayinger Ehrenbürger und Seniorchef der einzigen Brauerei im Landkreis München beerdigt.
Einmal ging es noch von der Kirche aus zum Bräustüberl und anschließend wieder zurück. Dann wurde der Ayinger Ehrenbürger und Seniorchef der einzigen Brauerei im Landkreis München beerdigt. © Spöri

München/Aying – Hunderte Menschen sind auf Ayings Straßen unterwegs. Aus ganz Bayern sind sie angereist. Parkplätze gibt es in der Gemeinde mit rund 4000 Einwohnern am Freitagmorgen kaum mehr. Die Polizei muss einspringen und den Verkehr regeln.

Ex-Bayern-Boss Uli Hoeneß steigt aus einem Auto aus. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (alle CSU) machen sich auf den Weg zur Pfarrkirche Sankt Andreas.

Trotz der vielen Menschen ist es vor allem eines: ruhig. Die Stimmung ist nachdenklich, traurig und ein bisschen bedrückend. Was die Politiker, Geschäftsleute und Bürger in den Ort geführt hat: Sie wollen ein wahres Ayinger Urgestein auf seinem letzten Weg begleiten.

Folgen eines Schlaganfalls: Franz Inselkammer senior starb am vergangenen Freitag

Der Seniorchef der Ayinger Privatbrauerei, Franz Inselkammer, den Einheimische den "Bräu von Aying" nennen, ist nach einem Schlaganfall vor knapp einer Woche im Alter von 88 Jahren gestorben.

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Bei der Beerdigung war nicht nur die Atmosphäre trist, sondern auch das Wetter. Doch als die Veranstaltung beginnt, kommen einige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke – als hätte Inselkammer von oben die Hände im Spiel. Der Friedhof ist brechend voll – genauso wie die Kirche. Selbst im Zelt, das aufgespannt wurde, ist kein Platz mehr.

Sportvereine, Trachtler, Gebirgsschützen, Jäger, die Feuerwehr und Ayings Einwohner sind gekommen, sich von ihrem Bekannten und Freund zu verabschieden.

Markus Söder hält Ansprache bei Beerdigung: "Inselkammer wurde geliebt"

"Franz Inselkammer ist tot. Er geht für immer und er kommt nie wieder", sagt Markus Söder in seiner Ansprache auf der Beerdigung. "Ich spreche mein Beileid im Namen der gesamten Bayerischen Staatsregierung aus", so der Politiker weiter. "Inselkammer wurde geliebt und wir alle werden ihn weiter in unserem Herzen behalten."

Der Bierbrauer stammt aus der Gründergeneration der Inselkammer-Dynastie, einer großen Münchner Unternehmerfamilie. 1935 wurde der Geschäftsmann in der bayerischen Landeshauptstadt geboren.

Nachdem er die ersten Jahre in Siegertsbrunn verbracht hatte, wuchs er in Aying auf. Nach seinem Schulaufenthalt in Schäftlarn ging er auf ein Internat am Tegernsee. An diesem geschichtsträchtigen Ort verliebte er sich in die bayerische Lebensart, berichten seine engsten Vertrauten.

Franz Inselkammer verstarb im Alter von 88 Jahren.
Franz Inselkammer verstarb im Alter von 88 Jahren. © oh

Anschließend sei er als junger Mann in "Sturm und Drang-Manier" nach Weihenstephan gegangen. Als er dort seine Ausbildung zum Diplom-Braumeister abgeschlossen hatte, machte der "Bräu von Aying" die eigene Privatbrauerei international wettbewerbsfähig.

Ehrenbürger und Verdienstkreuz: Mehr als ein halbes Jahrhundert saß Inselkammer im Gemeinderat

"Inselkammer ist immer Mensch geblieben", sagt Söder. Trotz der unternehmerischen Verantwortung und dem gewachsenen Einfluss, den die Großfamilie in München habe. "Er mochte die Menschen und sie mochten ihn. Sportvereine, Trachtler, die Gebirgsschützen – er war überall dabei und beliebt."

Mehr als ein halbes Jahrhundert saß er im Gemeinderat, setzte sich für den Bau eines Seniorenheims und die Stärkung der Sportvereine ein. Er wurde zum Ehrenbürger der Gemeinde und bekam das Bayerische Verdienstkreuz verliehen.

Inselkammer war als Unternehmer beliebt, "weil ihm Handschläge etwas bedeutet haben". Trotzdem habe er erkannt, dass der Mensch auf der Strecke bleibt, wenn es nur um wirtschaftlichen Erfolg geht.

Nicht der erste gesundheitliche Rückschlag: Franz Inselkammer senior hat lange gekämpft

Schon in den letzten Jahrzehnten musste er immer wieder harte Rückschläge einstecken: 2001 erlitt er den ersten Schlaganfall. Die Ärzte gingen damals davon aus, dass er nicht mehr sprechen und gehen kann. Nach ein paar Wochen kam jedoch wieder ein Wort aus seinem Mund: "Wendelstein". Den Berg konnte er aus der Klinik sehen.

18 Jahre später traf ihn der zweite Schlaganfall. Trotzdem habe Inselkammer weitergekämpft. Kürzlich sei er sogar noch bei einer Sitzung der Brauerei dabei gewesen.

"Lieber Gott, wir vermissen unseren Opa"

Eine Enkelin sehnt sich schon jetzt nach ihrem Großvater. "Lieber Gott, wir vermissen unseren Opa. Pass auf ihn im Himmel auf und gib ihm jeden Tag ein frisches Ayinger Bier", sagt sie bei der Beerdigung.

Daran hat Söder keine Zweifel: "Franz Inselkammer sitzt an seinem Gasthof, schaut den Schützen zu, trinkt sein Bier und isst eine Weißwurst. So ist sein Himmel."

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