Ein Bordell mit Herz
DACHAU Dass sich die Damen vom Dachauer „Salon Patrice” mit der körperlichen Liebe auskennen, ist wenig verwunderlich. Schließlich arbeiten sie im ältesten Gewerbe der Welt. Allerdings wissen sie hier auch, wie man klassische Nächstenliebe praktiziert: Jedes Jahr sammeln Mitarbeiterinnen, Geschäftsführung und Kunden des Bordells für bedürftige Bewohner des nahen Friedrich-Meinzolt-Hauses, eines Altenheims der Inneren Mission. Heuer bekommen die Senioren sogar ein Nikolaus-Essen spendiert – mit Entenbrust, Kartoffelknödeln und Blaukraut.
„Angefangen hat es damit, dass die Regierung von Oberbayern 2005 die Weihnachtsbeihilfe für sozialhilfeberechtigte Senioren gestrichen hat”, sagt „Salon Patrice”-Geschäftsführerin Loreni. Stattdessen wurden die 36 Euro aufs Jahr umgelegt. „Das hat uns alle erzürnt. Schließlich haben diese alten Leute zum Teil zwei Weltkriege überlebt und Deutschland wieder aufgebaut.” Im Advent werde zwar für vieles gespendet. „Aber diese alten Menschen haben einfach keine Lobby.”
Deshalb stellten die Damen ein Sparschwein auf und sammelten für die etwa 40bedürftigen Bewohner des Friedrich-Meinzolt-Hauses. Mit Erfolg: An Weihnachten überreichte der Bordell-Chef jedem ein Päckchen mit Süßigkeiten, Wein – und 25 Euro in Bar. Dazu gab’s Weihnachtskarten der Liebesmädchen.
Berührungsängste hätten die Senioren nie gezeigt, sagt Loreni. „Die meisten finden die Idee ganz toll”, bestätigt Christine Siemens von der Pflege-Überleitung im Heim. „Unsere Senioren wissen, dass diese Damen für ihr Geld schwer arbeiten müssen und finden es sehr schön, dass sie trotzdem etwas davon abgeben.” Auch der Chef der Inneren Mission München, Pfarrer Günther Bauer, sah „keine Veranlassung, das Angebot auszuschlagen”. Jesus habe ja nicht nur Umgang mit protestantischen Bildungsbürgern und höheren katholischen Töchtern gepflegt, sondern auch mit „halbseidenen Gestalten”.
Heuer wird im Seniorenheim doppelt gefeiert: An Weihnachten bekommen die Sozialhilfe-Empfänger ihre Päckchen – und an Nikolaus werden alle 146 Bewohner von Südfleisch zum Festessen eingeladen, was ebenfalls auf eine Initiative der Bordell-Belegschaft zurückgeht.
Manch rüstiger Senior wird es wohl schade finden, dass „nur” die beiden Geschäftsführer mit ihnen feiern – nicht die Damen. Immerhin bringt Loreni zum Fest ihre kleinen Hunde „Klopfer” und „Gismo” mit – „zum Kuscheln für die Demenz-Patienten”.