Eichenau: Warum tötete er seine Familie?

Wolfgang A. erdrosselte seine Frau, schlug seine Kinder bewusstlos und erstickte sie dann.Noch liegen seine Motive im Dunkeln.
Kerzen brennen vor dem schmucken Reihenhaus in der Kirchenstraße. Kinder kommen vorbei, legen mit Tränen in den Augen Blumen nieder. „Lasst uns nicht vergessen, dass das Leben schön sein kann“, hat jemand auf einen Zettel geschrieben. In Eichenau herrschen Fassungslosigkeit und tiefe Trauer. Eine Familie mitten aus ihrem Ort wurde ausgelöscht. Wolfgang A. (40) hat seine Frau Simone (42) und seine siebenjährigen Zwillingstöchter Töchter Nele und Mara getötet, anschließend beging er Selbstmord. Was hat den Mann soweit getrieben? Nachbarn berichten von Eheproblemen. Außerdem hat die Krankheit eines der Kinder die Familie schwer belastet.
„Nele war ein tapferes Mädchen“, erzählen Freunde. Vor einigen Jahren erkrankte Nele an Leukämie. Doch sie gab nicht auf, kämpfte, ging sogar zum Handballtraining. „Die Familie hoffte auf ein Wunder. Es war eine schlimme Zeit, voller Bangen.“
Viele Ehen zerbrechen an so einer Belastung, heißt es bei der Münchner Elterninitiative Krebskranker Kinder. „Der Alltag ist durch die emotionale Belastung und Angst kaum zu bewältigen“, sagt Hans Kiel von der Initiative. „Die Familien brauchen während der langen Zeit der Krankheit, aber auch in den Jahren nach Therapie-Ende in den meisten Fällen Hilfe.“
Ob Wolfgang und Simone A. solche Hilfe hatten, ist unklar. Sie haben schwer unter dem Schicksalsschlag gelitten. Dann keimte Hoffnung auf. Die Krebstherapie bei ihrer Tochter schlug an. „Jetzt geht es endlich wieder aufwärts“, erzählte Wolfgang A. bei einem Ratsch am Gartenzaun erleichtert einem seiner Nachbarn.
Die Familie lebte eher zurückgezogen. Wolfgang A, radelte gerne und arbeitete viel im Garten seines Hauses. „Wir haben uns manchmal über Tomaten- und Blumenzucht unterhalten“, erinnert sich ein Nachbar. Wolfgang A. verbrachte viel Zeit Zuhause. In dem blitzsauberen Reiheneckhaus, dass die Familie vor gut vier Jahren bezog, hatte er auch sein Büro.
Finanzielle Probleme hatte die Familie dem Vernehmen nach nicht. Der studierte Telekommunikations-Experte arbeitete freiberuflich als Projektmanager. Simone A. hatte eine festen Job, als Projektmanagerin war sie zuständig für den Online-Dienst bei einem großen Münchner Verlag, für den auch ihr Mann zeitweise gearbeitet hat. „Wir sind völlig entsetzt“, sagt eine Kollegin. Schon von 2001 bis 2006 hatten die beiden im gleichen Telekommunikationsunternehmen gearbeitet. Während Simone A. zur Arbeit ging, wurden ihre Töchter nach der Schule in Eichenau in einem Hort betreut. „Hätten sich die Eltern doch bloß an uns gewandt, wir hätten bestimmt helfen können“, sagte Pfarrer Albert Bauernfeind von der katholischen Gemeinde, zu der der Hort gehört.
Seit dem Wochenende war die Familie nicht mehr gesehen worden. Am Dienstag verständigte der Chef von Simone A. die Polizei. Streifenbeamte der PI Olching verschafften sich zu Tritt zu dem Haus. Nele und Mara lagen tot in ihren Kinderzimmern. Offenbar hat sie ihr Vater bewusstlos geschlagen und dann erdrosselt. Die Leiche ihrer Mutter lag im Keller. Simone A. wurde offenbar von ihrem Mann mit einem Nylonstrumpf erdrosselt. Wolfgang A. lag tot im Schlafzimmer. Nachdem er seine Frau und seine beiden Zwillingtöchter getötet hat, ging er mit einem Gartengrill hoch in den ersten Stock. Er schloss Tür und Fenster, zündete den Grill an und legte sich hin. Der 40-Jährige starb an einer Kohlenmonoxidvergiftung.
Die Kripo geht von einem so genannten erweiterten Suizid aus (siehe unten). Doch das Motiv ist noch völlig unklar. Nachbarn berichten von Eheproblemen, doch genaues weiß niemand. Gerüchte machen die Runde: Sie habe ihren Mann verlassen wollen, meinen manche im Ort. Andere spekulieren, dass der Krebs bei Nele zurückgekommen sei und Wolfgang A. deshalb durchdrehte.
rah, rke, ah