Dürre am Watzmann: Den Alpenhütten geht das Wasser aus

Das Watzmannhaus im Nationalpark Berchtesgaden ist von der Schließung bedroht: zu wenig Niederschlag, zu hoher Wasserverbrauch. Kann ein Millionenprojekt helfen?
von  Kilian Pfeiffer
Das Watzmannhaus auf 1930 Metern wird bislang mit Wasser aus einem Hochbehälter versorgt.
Das Watzmannhaus auf 1930 Metern wird bislang mit Wasser aus einem Hochbehälter versorgt. © Kilian Pfeiffer

Berchtesgaden - Eine der größten Alpenvereinshütten des Deutschen Alpenvereins (DAV) steht vor massiven Problemen: Am Watzmannhaus wird das Wasser knapp, sagt Pächter Bruno Verst. Der 72-Jährige ist seit vielen Jahren am Watzmann. "Kein Wasser bedeutet, dass wir die Hütte irgendwann schließen müssen", sagt auch Thomas Gesell, Ressortleiter Hütten bei der DAV Sektion München. Abhilfe könnte eine millionenschwere Wasserleitung schaffen.

120 Kubikmeter Wasser fassen die Hochbehälter des Watzmannhauses. Gespeist werden diese von einer Quelle, zudem von Regen- und Schmelzwasser. "Wir hatten schon so manche Dürreperiode", sagt Verst. In der kommenden Saison wird Sohn Paul übernehmen. Der 22-Jährige tritt in die Fußstapfen des Vaters als Hüttenwirt.

Nicht nur am Watzmann: In den Alpen wird der Wassermangel spürbar

Der Niederschlag im Winter habe deutlich abgenommen, sagt Verst senior. Der Hauspächter muss es wissen. Im Frühjahr hatte er noch Bammel, weil der Schnee nach oben weggetaut war. "Es hat zwei Monate gedauert, bis unser Hochspeicher voll war", sagt er. Auch beim DAV weiß man über die Wasserproblematik Bescheid. Gesell sagt: "Das Thema Wassermangel spüren wir in den Alpen mittlerweile sehr stark." Es sei "nur eine Frage der Zeit", bis das Watzmannhaus geschlossen werde.

Was geschieht dann? Gesell betont die Risiken einer möglichen Schließung. Die Pandemie habe deutlich gezeigt, was passiert: "Die Leute würden dann trotzdem die Watzmann-Überschreitung gehen." Wildes Zelten, Müllentsorgung auf freiem Gelände: "Langfristig könnte das zu größeren Gefahren führen."

Alpenhütte Watzmannhaus: In der Hauptsaison wird das Wasser knapp

Seit langer Zeit achtet man im Watzmannhaus auf den Wasserverbrauch. Gäste werden darauf hingewiesen, sparsam im Umgang zu bleiben. Aus den Wasserhähnen strömt nur eine reduzierte Menge. "Die Ansprüche der Gäste haben sich im Laufe der Jahre geändert", weiß Verst. Früher habe man auf dem Berg ein paar Tage Katzenwäsche betrieben. "Heute verlangen die Leute nach einer Dusche."

Der Hochbehälter vor 25 Jahren fasste 40 Kubikmeter. Damals reichte das. Heute sind es 120. Zudem kommt: "Richtige Schneefelder gibt es da oben nicht mehr. Wenn es nicht richtig regnet, haben wir ein Problem", sagt Thomas Gesell. Das Watzmannhaus bietet 200 Übernachtungsplätze. In der Hauptsaison ist die Nachfrage groß, Plätze sind rar. Der DAV zählt laut Gesell zwischen 10.000 und 12.000 Übernachtungen pro Jahr. Mehr Leute bedeutet auch mehr Wasser.

Ein neues Bundespolizeitrainingszentrum könnte Chancen für das Watzmannhaus eröffnen

Tatsächlich bietet sich mit dem Ausbau des Bundespolizeitrainingszentrums auf der Kührointalm eine Chance, die man beim DAV nicht ungenutzt lassen möchte. Das Trainingszentrum befindet sich am Fuße des Watzmanns auf 1420 Metern.

"Wir könnten den geplanten Ausbau samt der Verlegung von Leitungen nutzen und diesen bis zum Watzmannhaus weiterführen", sagt Gesell. Das Watzmannhaus wäre dadurch mit Wasser, Abwasser, zudem Strom und Glasfaser versorgt. An Planung und Projektierung wurde im Hintergrund bereits getüftelt. Die Trassen seien analysiert, Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht. Dennoch liegt eine Umsetzung in weiter Ferne, schätzt Hüttenwirt Bruno Verst.

Sollte das Watzmannhaus neue Wasserleitungen bekommen, würden Naturschützer klagen

Er geht davon aus, dass eine Leitung zum Watzmannhaus mindestens zehn Jahre in Anspruch nimmt, "allein durch die vielen Einsprüche". Eine solche Leitung müsste teils im Forstweg verlegt, teils oberirdisch im freien Gelände und über dem blanken Fels verschraubt werden. Die Maßnahme würde eine große Summe verschlingen. Fast sechs Millionen Euro, so der DAV-Mann.

"Es geht dabei nicht um die wirtschaftliche Rentabilität, sondern um unsere Standortsicherung am Watzmann", sagt Gesell. Versorgungsflüge von Wasser per Hubschrauber? "Das wäre gruselig in einem Nationalpark." Realität ist: Das Areal ist für solch eine Planung weitestgehend ungeeignet. Denn die Maßnahme würde mitten im Nationalpark realisiert werden. Die Leitung wäre dann zwar kaum sichtbar, so die Einschätzung von Gesell. Den Bund Naturschutz interessieren solche Annahmen aber nur wenig.

"Wir haben dort die Kernzone des Nationalparks", sagt Rita Poser, Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land. "Wir lehnen die Zerstörung von solchen Lebensräumen ab." Man tue so, "als könnten wir im Klimawandel mit immer mehr Technik dem allgemeinen Wassermangel entgegenwirken." Sollte sich das Vorhaben konkretisieren, sind die Naturschützer nicht abgeneigt, zu klagen. Doch die Zeit drängt. Ein Watzmann ohne Watzmannhaus wäre eine schlechte Ausgangslage. Das Haus ist eine der größten DAV-Hütten.

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