Doppelmord in Sachsen: Mörder im Gourmetlokal

Tagelang fahndete die Polizei nach Guido N. (40), der bei Leipzig zwei Männer erschossen haben soll. Von einem Feinschmeckerlokal in Kraiburg rief der Mann die Polizei. Doch die kam nicht
von  Abendzeitung
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MÜHLDORF/GROITZSCH - Tagelang fahndete die Polizei nach Guido N. (40), der bei Leipzig zwei Männer erschossen haben soll. Von einem Feinschmeckerlokal in Kraiburg rief der Mann die Polizei. Doch die kam nicht

Seine Augen waren rot vom wenigen Schlaf, er hatte sich seit Tagen nicht rasiert, das Holzfällerhemd, das er am Leib trug, war dreckig. So betrat der mutmaßliche Doppelmörder Guido N. (40) am Donnerstagabend ein Feinschmeckerlokal in Markt Kraiburg am Inn. „Ich hab’ gleich gesehen, dass das kein Kunde von uns ist“, so Restaurant-Chef Marc Vermetten zur AZ. Dass der Fremde aber ein seit Tagen von der Polizei gesuchter Mörder ist, ahnte er nicht.

Der Bayer Guido N. steht unter Verdacht, am Samstag vor einer Woche in Groitzsch bei Leipzig zwei junge Männer (19, 23) erschossen haben. Tatort war ein ehemaliges LPG-Gelände (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in der DDR), das der Kaufmann und Sportschütze 2001 bei einer Zwangsversteigerung erworben hatte. Er lagerte dort Industrieschrott und Autoteile. Nur 500 Meter entfernt war bereits am 20. April 2009 ein junger Mann auf dem Gelände einer früheren Plastebecher-Fabrik erschossen worden. Tino L. (27) hatte mit der Mutter seiner Freundin auf dem Gelände Schrott gesammelt. Auch in diesem Fall, der bis heute ungeklärt ist, ermittelt die Polizei, ob Guido N. als Todesschütze in Frage kommt.

Am vergangenen Donnerstag war der 40-Jährige bereits seit Tagen auf der Flucht, die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts erlassen. Kurz bevor er das Gourmetlokal betrat, hatte er noch seine Mutter in Mühldorf am Inn besucht. Nach AZ-Informationen riet sie ihrem Sohn, sich bei der Polizei zu stellen.

In dem Lokal bat er schließlich darum, telefonieren zu dürfen. „Er war sehr höflich, er hat gesagt, dass er bei der Polizei anrufen muss“, berichtete Kellner-Azubi Andreas A. (19). Nach dem Telefonat verließ der mutmaßliche Mörder das Restaurant wieder, setzte sich in seinen alten Golf, der am Marktplatz parkte und wartete.

„Aber es ist nichts passiert. Die Polizei kam nicht“, so Andreas A. „Nach einer Dreiviertelstunde oder Stunde bin ich zu ihm raus und habe ihn gefragt, ob ich ihm helfen kann.“ Der Fremde soll geantwortet haben: „Mir kann man nicht mehr helfen. Ich brauch’ nur noch ’nen guten Anwalt.“

Jetzt wurde der Fremde dem jungen Kellner doch unheimlich. „Drinnen haben wir noch Späße gemacht, ob er ein Mörder ist.“ Dann rief Andreas A. selbst bei der Polizei an. „Nachdem ich dann sein Kennzeichen durchgegeben hatte, ging alles ganz schnell.“ Nach etwa 15 Minuten rückte ein Großaufgebot der Polizei an, riegelte den Marktplatz komplett ab und nahm Guido N. fest. Er leistete keinen Widerstand. Nina Job

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