Doppelgängerinnen-Mordprozess: Nun geht es um "schwarze Magie"

Seit Jahresbeginn wird im Mordprozess um eine Doppelgängerin verhandelt. Anders als erwartet, gab es am Dienstag noch keine Plädoyers. Was bisher geschah.
von  Patrick Guyton
Der Angeklagte Sheqir K. (3.v.l.) schwieg am Dienstag wie immer. Die Angeklagte Schahraban K. versteckte ihr Gesicht.
Der Angeklagte Sheqir K. (3.v.l.) schwieg am Dienstag wie immer. Die Angeklagte Schahraban K. versteckte ihr Gesicht. © Sabine Dobel/dpa

Schon seit Jahresbeginn verhandelt das Landgericht Ingolstadt gegen eine 25-Jährige und einen gleichaltrigen Bekannten. Der Vorwurf ist ungeheuerlich: Die Frau soll im Internet eine Doppelgängerin ausgesucht und sie gemeinsam mit dem Mann umgebracht haben. So habe sie ihren eigenen Tod vortäuschen und unter anderer Identität ein neues Leben beginnen wollen. Mehr als 40 Verhandlungstage sind schon vorüber, ein Urteil wird im November erwartet.

Opfer wurde mit 56 Messerstichen getötet

Was sagt die Angeklagte? Schahraban K., eine Deutsch-Irakerin, hat zu Beginn der Verhandlung eine Erklärung vorgelesen. Darin räumt sie nur ein, im August 2022 bei der Autofahrt von Ingolstadt nach Eppingen bei Heilbronn und zurück dabei gewesen zu sein, als das Opfer getötet worden war.

Sie und ihr Bekannter Sheqir K., ein Albaner, haben das Opfer Khadidja O. an ihrem Wohnort in Eppingen abgeholt. Es soll ihr eine kostenlose Beauty-Behandlung im Schönheitssalon von Schahraban K. in Aussicht gestellt worden sein. Auf der Fahrt nach Ingolstadt soll Sheqir K. das 23-jährige Opfer auf brutalste Weise mit 56 Messerstichen getötet haben.

Schahraban K. will damit nichts zu tun gehabt haben und sagt, sie habe unter Schock gestanden und versucht, den Mord zu verhindern.

Prozess verläuft schleppend

Ist diese Aussage schlüssig? Sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Was wollte Schahraban K. eigentlich von der Frau? Warum ist sie mitgefahren, wenn sie nicht die Anstifterin für den Mord war? Das alles bleibt im Dunkeln. Vor Gericht zählt aber nur, was bewiesen werden kann. Ihr Bekannter Sheqir K. schweigt seit Prozessbeginn komplett. Das wird sich auch nicht ändern, wie sein Verteidiger der AZ sagte.

Wie verlief der Prozess bisher? Äußerst schleppend. Es wurden Dutzende von Zeugen aus dem Freundeskreis der Angeklagten in Ingolstadt vernommen, ebenso wie Freundinnen des Opfers aus Heilbronn.

Diese Aussagen waren allesamt verwirrend, widersprüchlich und lückenhaft. Das ging über viele Wochen so. Man konnte sich detailliert über das komplexe Beziehungsgeflecht informieren, für die Beweisaufnahme hat das letztlich nichts gebracht.

Wer hat welche Strategie? Das versierte Münchner Verteidigerteam von Schahraban K. setzt darauf, dass es keine zwingenden Beweise für die Täterschaft ihrer Mandantin gibt. Die Anwälte versuchten durchgehend, Zweifel zu säen. Von dem Bekannten Sheqir K. indes gibt es viele DNA-Spuren, die seine Täterschaft belegen dürften. Seine Anwälte könnten versuchen, ihn als Werkzeug darzustellen, ein Mann, der Schahraban K. verfallen sei.

Ein neuer, abenteuerlicher Ansatz

Wie schlüssig ist die Doppelgängerinnen-Theorie? Da kommen mehr und mehr Zweifel auf. Es scheint nicht so, als ob sich Schahraban K. von ihrer Familie abwenden wollte. Auch wollte sie wohl nicht ihren Ehemann hinter sich lassen, der sich von ihr getrennt hatte.

Stattdessen spricht einiges dafür, dass sie ihn im Gegenteil zurückbekommen wollte. Der neueste, recht abenteuerliche Ansatz der Verteidiger von Sheqir K., die die Frau natürlich belasten wollen, ist "Schwarze Magie": An diese habe Schahraban K. angeblich geglaubt, die ermordete Khadidja O. sollte ein "Menschenopfer" sein, damit ihr Ehemann zurückkehrt.

Welchen Fahrplan hat das Gericht? Ein allerletztes Gutachten soll am kommenden Dienstagvormittag Erkenntnisse liefern über DNA-Spuren und Fingerabdrücke auf okkulten kleinen Zetteln, die im Auto gefunden worden waren. Die Staatsanwaltschaft meint aber, dass die Ergebnisse so oder so für den Prozess irrelevant sind. Dienstagnachmittag würde das Plädoyer der Anklage gehalten werden. Eine Woche später könnten die Verteidiger folgen. Und das Urteil ist für den November vorgesehen.

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