Dieser Postbote bringt die Briefe auf Skiern
Bayrischzell - Mit zufriedener Miene nimmt Hans Fink einen Schluck Weißbier und schaut hinüber zum Wendelstein in der Nachmittagssonne. Auf 1.400 Metern, in der Speck-Alm bei Bayrischzell, läutet der 62-Jährige den Feierabend ein.
Sein gelber Skihelm mit dem Posthorn-Aufkleber liegt auf dem Tresen, aus dem Rucksack schauen ein paar Umschläge. Der Postbote hat soeben seine Tour durch das Wintersportgebiet Sudelfeld beendet.
Briefe und Pakete überbringt Fink auf Skiern und ist damit eine echte Rarität. „Ich fahre jeden Tag hinauf“, erzählt der Briefträger in weichem Oberbayerisch, im Sommer mit dem Auto, im Winter sechs Tage die Woche mit dem Lift.
Mit Briefen und Päckchen steuert er fünf bewirtschaftete und etliche private Almen an und sammelt dort auch die Rückpost ein. Seine Tour ist für ihn nicht nur Arbeit. „Da ist schon viel Spaß dabei“, schwärmt Fink.
Als Einziger regelmäßig per Ski
Der begeisterte Wintersportler, der Ski fährt, seit er denken kann, ist seit zehn Jahren beruflich auf der Piste unterwegs. Laut Post-Sprecher Erwin Nier ist er der Einzige seiner Zunft, der regelmäßig die Post auf dem Pistenweg bringt.
Zwar gebe es noch Kollegen auf der Zugspitze, im Bayerischen Wald und im Schwarzwald, die hin und wieder die Skier anschnallen. „Aber das sind eher sporadische Einsätze.“ Laut Nier muss die Deutsche Post wegen der sogenannten Zustellpflicht auch die Kunden auf den Almen beliefern.
Diese Pflicht greife nur dann nicht, wenn es „aus betrieblicher Sicht“ oder wegen „Gefahr für Leib und Leben“ unmöglich sei, die Post zu überbringen.
Freundschaft zu Almbewohnern
Dabei hat Fink auch schon gefährliche Einsätze hinter sich. „Wenn das Wetter schlecht ist, dann erlebt man ab und zu schon seine Sachen“, deutet er an. Einmal hat er sich bei Nebel und Unwetter verfahren.
Erst nach Stunden ging die Sache glimpflich aus, und er fand zurück ins Tal. „Die Post haben sie an dem Tag aber nicht mehr bekommen“, räumt der Briefträger ein. Zu den Almbewohnern hat der Postbote im Laufe der Jahre ein enges Verhältnis entwickelt. „Das ist schon eher freundschaftlich“, sagt er nicht ohne Stolz.
Oft setzt er sich auf einen Kaffee oder eine Brotzeit mit den Leuten zusammen, und fast immer nimmt er sich Zeit zum Reden, auch wenn sich dadurch sein Feierabend verschiebt. Für eine alte Dame auf dem Berg, erzählt der Briefträger, sei er fast der einzige Gesprächspartner.
Nachfolger stehen Schlange
Bisweilen hilft Fink auf den Almen auch bei Besorgungen im Tal, bringt zum Beispiel Artzney aus der Apotheke. „Einmal hab ich sogar einen Christbaum geliefert“ – per Lift und auf Skiern, erzählt Fink und lächelt hinter seinem Bart.
Er ist froh über seinen Job. Auch die Kollegen sind begeistert. „Immer wieder fragen welche, wann ich in Rente gehe, weil sie sich bewerben wollen“, sagt der 62-Jährige. „Es gibt schon eine Warteliste.“
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