Dieser Nürnberger Anwalt pokert um die Flick-Leiche
Die Sargdiebe fordern Lösegeld – und der Jurist will ein sattesHonorar von der Witwe!
NÜRNBERG Kommen die Diebe, die Mitte November den Sarg mit der Leiche des Milliardärs Friedrich Karl Flick (†79) aus dem Friedhof von Velden (Österreich) verschwinden ließen, womöglich aus Nürnberg? Diese Frage stellt sich, nachdem der hier ansässige Rechtsanwalt Wolfgang Spachmüller (45) im Auftrag eines Mandanten das Versteck des Toten preisgeben will – gegen viel Geld! Die Familie des verstorbenen Industriellen ist empört.
Flicks Witwe hatte nach dem Diebstahl für aufklärende Hinweise eine Belohnung von 100.000 Euro ausgesetzt, nachdem die Ermittlungen der Polizei zu keinem greifbaren Ergebnis geführt hatten. Am 8. Dezember meldete sich Spachmüller bei Flick-Anwalt Jörg-Andreas Lohr in Düsseldorf und unterbreitete das Angebot, gegen Zahlung der ausgelobten Belohnung den Aufenthaltsort des gestohlenen Sarges zu nennen. Nach Lohrs Darstellung habe Spachmüller außerdem für sich ein Honorar (10.000 Euro Plus Mehrwertsteuer) verlangt. Im Gegenzug würde er dann einen eindeutigen Beweis liefern, nämlich eine DNA-Probe des Leichnams. Sobald dann das gesamte Geld überwiesen sei, werde er auch das Versteck preisgeben.
Lohr schaltete sofort die Polizei ein, die ihm riet, zum Schein auf das fragwürdige Angebot des Nürnberger Anwalts einzugehen. Der Kärtner Polizeichef Hermann Klammer ging davon aus, dass es sich um eine wirklich heiße Spur handeln könnte. Spachmüller bekam daraufhin vom Hause Flick einen Vertragsentwurf, wonach die finanzielle Transaktion über ein Treuhandkonto abgewickelt werden sollte. Der Nürnberger Anwalt, so Lohr, habe zwar wiederholt nachgefragt, ob für ihn auch mehr Geld drin sei, letztendlich der Vereinbarung im Grundsatz zugestimmt.
Am nächsten Tag habe Spachmüller einen dreiseitigen modifizierten Vertragsentwurf (liegt der AZ vor) zurückgesandt, der für die Familie allerdings unannehmbar gewesen sei. Spachmüller forderte darin, dass die Familie Flick seinem Mandanten Straffreiheit zusichere und alle erdenklichen Kosten, einschließlich möglicher Steuer, übernehme. Lohr: „Das war dann mehr als pietätlos. Das Geschäft war geplatzt. Wir haben Herrn Spachmüller wegen Begünstigung einer Straftat angezeigt.“ Verhandeln will Lohr nun nicht mehr: „Nach der Anzeige sehe ich die Verhandlungen als beendet an.“
Johannes Mocken von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat Zweifel an der Rechtsmäßigkeit von Spachmüllers Vorgehensweise: „Wenn dieser Jurist tatsächlich für die Entführer spricht und den Leichnam zu Geld machen will, wird das strafrechtliche Konsequenzen haben.“ Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat ihre Nürnberger Amtskollegen bereits eingeschaltet. Nürnbergs Leitender Oberstaatsanwalt Reinhard Lubitz sagte gestern zur AZ: „Im Moment kann ich noch nichts zu dem Fall sagen. Wir müssen den Vorgang erst prüfen.“
Rechtsanwalt Wolfgang Spachmüller kann die Aufregung nicht verstehen. „Ich bin sehr irritiert“, erklärte er gegenüber der AZ. Seinen Worten zufolge habe er sich keinerlei Straftat schuldig gemacht: „Ich bin Anwalt und weiß, wie weit ich gehen kann.“ Er bestätigte, dass die Verhandlungen von Flick-Seite aus abgebrochen worden seien. „Vielleicht überlegt man es sich über die Weihnachtsfeiertage noch anders“, blickt er in die Zukunft.
Wolfgang Spachmüller arbeitet seit 1990 als Anwalt in einer Kanzlei am Keßlerplatz, ist Spezialist für Versicherungs- und Verkehrsrecht. Vor kurzem geriet er in die Schlagzeilen, weil er sich in der Nürnberger CSU um ein Bundestagsmandat bewarb und gegen den Nürnberger Fraktionschef Michael Frieser antrat. Er fiel dabei aber kläglich durch – und erhielt nur eine einzige Stimme.Helmut Reister
- Themen:
- CSU
- Michael Frieser
- Polizei