Dieser Grenzort hat wieder einen Schlagbaum

In einem Grenzort zu Tschechien hat der CSU-Bürgermeister die Grenze sperren lassen – „für mehr Sicherheit“. Anwohner sind erzürnt.
von  Hubert Denk
Das Schild, das ausgrenzt: Auch die Passier-Erlaubnis für Mopeds ist inzwischen überklebt worden.
Das Schild, das ausgrenzt: Auch die Passier-Erlaubnis für Mopeds ist inzwischen überklebt worden. © Hubert J. Denk

 

Haidmühle - Der Bürgermeister von Haidmühle hat den Schlagbaum zu Tschechien wieder aufgestellt. Er sei einem Wunsch der Bürger nach mehr Sicherheit nachgekommen, sagt er. Die Aufregung der Nachbarn versteht CSU-Politiker Fritz Gibis (71), ein ehemaliger Grenzpolizist, nicht.

Im Sommer hatte es eine Einbruchserie gegeben. Die kleine Landstraße ins böhmische Nachbardorf Tusset, so die Vermutung mancher Bürger, könnte der Schleichweg der Gauner sein.

Mittlerweile haben die Ermittlungen ergeben, dass die Diebe aus der Ukraine oder Polen stammten. Am Haidmühler Alleingang ändert das nichts.

„Der Schlagbaum ist nicht für die Ewigkeit“, verteidigt sich Bürgermeister Gibis. Aber erst müsse wieder „Ruhe einkehren“.

Die tschechischen Vertreter, allen voran Pavel Kosmata, ein Funktionär der Eisenbahn, reagierten verärgert. Kosmata schrieb dem Haidmühler Bürgermeister einen satirischen Brief: Die Schranke solle ruhig bleiben, sie verschone die Tschechen vor „temperamentvollen Jugendlichen und tugendhaften Bürgern, die nur zum Alkohol und Zigaretten kaufen kommen“.

Die Idee, den Schlagbaum wieder aufzustellen, war am Wirtshausstammtisch geboren worden. Der Bürgermeister behauptet allerdings, es habe dazu eine „kleine Bürgerversammlung“ gegeben. An deren Termin kann er sich allerdings nicht mehr erinnern.

Und seinen tschechischen Kollegen, den Bürgermeister im sechs Kilometer entfernten Tusset, hat er über geplanten Eingriff an der Grenze gar nicht erst informiert. Das böhmische Grenzdorf war vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

Wer die Schlüssel bekommt, entscheidet allein der Haidmühler Bürgermeister. „Die Feuerwehren und die Rettungsdienste haben einen Schlüssel bekommen“, erzählt er. Auch der böhmische Bürgermeister hätte mittlerweile einen. Und natürlich auch das Busunternehmen, welches die Ilztalbahn bedient.

Der Schlagbaum versperrt die Zufahrt zum Grenzbahnhof von Nové Údolí, der an den Wochenenden von Pendelbussen der Freizeitbahn Passau- Waldkirchen angefahren wird. Der Beitritt Tschechiens zum Schengener Abkommen im Dezember 2007 bedeutete das Ende der Kontrollen. Damals wurde auch der Schlagbaum von Haidmühle abgebaut.

Wie kam er so schnell wieder her? Gibis: „Wir hatten ihn im Bauhof gelagert.“

„Letztens wer ich beinahe in den Schlagbaum gefahren, weil ich nicht daran gedacht habe“, erzählt ein Haidmühler Radfahrer. Damit die rot-weiß-rote Eisenstange in der Dunkelheit nicht zum gefährlichen Hindernis wird, hat das Landratsamt angeordnet, eine Warnleuchte anzubringen.

Auf der böhmischen Seite des Schlagbaums gibt es ein Hotel, Imbissbuden und Souvenirläden, ein kleines Eisenbahnmuseum. Die Tschechen sind die Leidtragenden. Ihr Bahnhof wurde mit EU-Mitteln gerade behindertengerecht umgerüstet. Doch von bayerischer Seite ist er jetzt mit dem Auto, somit auch für Gehbehinderte, nicht mehr erreichbar.

Im Sommer hatte es eine Serie von 20 Diebstählen und Einbrüchen gegeben. Vom Holzspalter bis zur Brieftaube. Gesamtschaden von 20.000 Euro.

Die offene Grenze wurde schnell als Ursache ausgemacht. Polizeibeamte legten sich im ehemaligen Grenzhäuschen auf die Lauer. Zehn Nächte lang. Ohne Erfolg.

„Danach haben wir den Schlagbaum aufgestellt", erzählt Bürgermeister Gibis die Vorgeschichte.

 

 

 

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