Diese Straßenbahn ist ein TV-Studio

Urban Priol in BR-Show Nachtlinie: Der „Anstaltsleiter“ erklärt, wie Hochsprung und Witz zusammenhängen
von  Abendzeitung
Die Nachtlinie in Nürnberg: ein Moderator, ein Gast, zwei Kameras, ein Tontechniker und 15 „Studiogäste“.
Die Nachtlinie in Nürnberg: ein Moderator, ein Gast, zwei Kameras, ein Tontechniker und 15 „Studiogäste“. © Berny Meyer

Urban Priol in BR-Show Nachtlinie: Der „Anstaltsleiter“ erklärt, wie Hochsprung und Witz zusammenhängen

NÜRNBERG Bunte Hemden, wildes Haar - das ist die Dienstkleidung von Urban Priol. Am Mittwochabend war Deutschlands erfolgreichster Kabarettist jedoch „ganz privat“ unterwegs. Da kam der kleine Mann im froschgrünen Kapuzenpulli zum Plärrer. Von dort ging's mit der „Strassaboo“ zur Stadtrundfahrt.

Zwei Kameramänner, ein Tontechniker des BR, ein „schlankes Team“, dazu 15 Mitfahrer als Gäste im schienengeführten, rütteligen mobilen Studio der VAG, einige Journalisten, mehr braucht es nicht, für die Sendung „Nachtlinie“. So heißt das Format des Bayerischen Rundfunks, das Moderator Andreas Bönte erfunden hat. Etwa 150 Sendungen wurden davon bisher produziert – davon neun in Nürnberg – und stets donnerstags ab 23 Uhr gesendet. Auch mit Fernsehprofi Priol geht das Konzept auf – die nächtliche Fahrt lockert die Zunge.

Deutsche Politiker: „Keine Typen, keine eigne Haltung“

So wissen wir jetzt, dass Priols Witz einst reine Notwehr war. Der „wahnsinnig schlechte Sportler“, der beim „Hochsprung schon eine Gnadenfünf bekam, wenn er nur auf der Latte landete“, konnte im Aschaffenburger Schulhof punkten, wenn er Lehrer nachahmte. Nach dem Abitur und einigen Semestern Russisch, Englisch und Geschichte ging es rasch auf die Bretter, die die Kabarettistenwelt bedeuten; ab 1988 mit eigenem kleinen Theater, der „Kochsmühle“ in Obernburg am Main.

1998 übernahm er ein altes Kino in Aschaffenburg und renovierte es für 1,9 Millionen Mark zum „Kabarett im Hofgarten“. Zahlreiche Soloprogramme ebneten den Weg ins Fernsehen. Seit 2007 sendet das ZDF „Neues aus der Anstalt“, ein satirischer politischer Monatsrückblick, vorgeblich aus dem Foyer einer psychiatrischen Klinik. Nachdem Priols Partner Georg Schramm ausschied, kam es 2010 zur Urlaubsbegegnung der alten Freunde Priol und Frank-Markus Barwasser. Der „Aschebercher“ und der Würzburger trafen sich im Burgund, wo Priol entspannt einen seiner vielen Oldtimer („meine große Leidenschaft, ich hab zwei Hallen voll“) spazieren fuhr. Seit Januar beurteilt Barwassers alter ego Erwin Pelzig die politische Großwetterlage.

Priols Politikverzweiflung „keine Typen, keine eigne Haltung“ beginnt morgens bei der Zeitungslektüre und führt sofort zu hell loderndem Zorn: „Zorn ist die Grundlage für gutes Kabarett“, zitiert er Urvater Dieter Hildebrandt. Zum 50. Geburtstag am 14. Mai will er es endlich mal ruhiger angehen lassen, sich „einen Traum erfüllen und mir einen Binnenschifffahrtsschein schenken. Und dann mach’ ich vier Monate Pause.“ P. Budig

„Neues aus der Anstalt“, 22. Februar, 23.15 Uhr im ZDF. Wenn Sie als Zuschauer einmal bei der Nachtlinie mitfahren wollen, bewerben Sie sich unter Tel. 089 / 3806 - 66 55

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