Diese Männer bauen die Stadt des Christkinds

Sie haben nur fünf Tage Zeit, um die Stadt aus Holz und Tuch für die Besucher zu errichten.
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Zimmerer Klaus Kleinschroth (37) bei der Arbeit.
B. Meyer 2 Zimmerer Klaus Kleinschroth (37) bei der Arbeit.
Ab 28. November erstrahlt der Nürnberger Christkindlesmarkt wieder.
dpa 2 Ab 28. November erstrahlt der Nürnberger Christkindlesmarkt wieder.

Sie haben nur fünf Tage Zeit, um die Stadt aus Holz und Tuch für die Besucher zu errichten.

NÜRNBERG Wenn Jürgen Schätzlein zwischen Kongresshalle und Hauptmarkt pendelt, grüßt er häufig. Seine großen, schwieligen Hände winken dann seinen sieben Fahrern zu. Die transportieren den in Einzelteile zerlegten Nürnberger Christkindlesmarkt.

Kommt ein Transporter mit einer Palette Budenteile auf dem Hauptmarkt an, wird er mit einem Gabelstapler sofort entladen. An den Paletten hängen Metallschilder mit einer Nummer. Die Nummer gibt an, zu welcher der 131 Christkindlesmarkt-Buden die Bauteile gehören. Die Schilder klingeln im Wind wie Weihnachtsglöckchen. Dann fahren die entladenen Lkw zurück zum Innenhof des Kongresshalle, um noch mehr Christkindlesmarkt zu holen. Jürgen Schätzlein ist für all das verantwortlich, für die Buden, den Transport, den Aufbau.

Eigentlich wollte Jürgen Schätzlein damals nur seinen Marktwert testen. Deshalb hat er sich als Zimmerermeister bei der Stadt Nürnberg beworben. Er wurde genommen, als Bester von 160 anderen Zimmerermeistern. Und jetzt baut er jedes Jahr vor Weihnachten die berühmteste Stadt der Welt aus Holz und Tuch auf.

Der Christkindlesmarkt: Seit Anfang des 17. Jahrhunderts gibt es ihn, jährlich lockt er Millionen Menschen nach Nürnberg. Er bringt die Augen von Erwachsenen zum Strahlen, die von Kindern sowieso. Auch die Augen von Jürgen Schätzlein leuchten, wenn er zwischen den Buden herumgeht, die er mit seinem Team aufstellt. „Einige von den Holzbuden hier sind schon 100 Jahre alt. Das ist noch echte Zimmermannskunst“, sagt er. Beim Aufbau benutzen die Zimmerer keinen einzigen Nagel. Wie ein überdimensioniertes Legohaus stecken seine 14 Mitarbeiter die braunen Häuschen zusammen.

Einige der Buden sind schon 100 Jahre alt

Der 39-Jährige ist der Prototyp eines Zimmerermeisters. Groß, schwer, offenes, freundliches Gesicht, grünbraune Augen, schwarze, lange Haare zum Pferdeschwanz gebunden, schwarze Zimmerer-Cordhose, schwarze Jacke. Er sagt „Händscher“ statt Handschuhe, wenn er erklärt, dass er noch nie Handschuhe bei der Arbeit getragen hat. „Da spürt man das Holz nicht mehr. Das fühlt sich nicht richtig an.“

Am ersten Tag des fünftägigen Aufbaus misst er den Hauptmarkt aus. Er markiert mit seiner pinkfarbenen Sprühdose die Positionen der Häuschen. Steht eine Bude nur ein wenig neben der Markierung, gibt es Ärger mit den Mietern. Die Händler kämpfen um jeden Zentimeter, auf dem sie ihre Ware verkaufen können.

Die Buden werden in der immer gleichen Reihenfolge aufgebaut. Jedes Brett muss an die gleiche Stelle wie im Jahr zuvor. Das erste der drei Teams steckt das Grundgerüst zusammen. Dann legen die Zimmerer Holzklötzchen unter die Bude - damit es waagrecht steht. Team zwei montiert die hölzernen Seitenwände und den Fußboden, Team drei legt die Dachbohlen auf das Häuschen - fertig.

Eine Mammut-Aufgabe hat Jürgen Schätzlein zu Beginn des Aufbaus erledigt: Die Montage der Krippe, dem Zentrum des Christkindlesmarkt. Die wird jedes Jahr zwischen 2 und 3 Uhr morgens mit einem Schwertransport auf den Hauptmarkt gefahren. Denn das Krippendach ist über vier Meter breit.

Jürgen Schätzlein macht die Nachtschicht, der Stress, die Anstrengung nichts aus. „Am Ende ist das schon ein erhebendes Gefühl, wenn alles steht und der Christkindlesmarkt eröffnet ist“, sagt er lächelnd. Dann sind die Lkws, der Gabelstapler, Jürgen Schätzlein und sein 14köpfiges Aufbauteam verschwunden. Und auch die Paletten, mit den Metallschildern, die im Wind wie Weihnachtsglocken klingeln. Martin Mai

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