Diese Krebspatientin will „Miss 50plus“ werden

München - Angelika Meisel (50) kämpft gegen eine furchtbare Krankheit. Die Krebspatientin muss um ihr Leben bangen – und dennoch will sie bei einem Schönheitswettbewerb eine Schärpe umgelegt bekommen. Die Bayerin tritt an diesem Samstag beim Wettbewerb „Miss 50plus“ in Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz an – sie hat es neben 19 anderen Frauen ins Finale des Schönheitswettbewerbes geschafft.
Für sie ist das aber nicht einfach nur das Präsentieren ihrer Schönheit. Der Kontest ist ihr Antrieb, gesund zu werden.
Ihre Leidensgeschichte: Die Kunstmalerin aus Kissing bei Augsburg ist 47 Jahre alt, als der Brustkrebs ohne Vorwarnung zuschlägt. „Vielleicht trifft es mich nicht“, hatte sie bis dahin gedacht. Meisel ist Trägerin eines mutierten Gens. Bei ihrem Brustkrebs handelt es sich um einen besonders aggressiven Typ.
Nach dem Brustkrebs finden die Ärzte auch einen Tumor im Magen
Die kranke Brust wird amputiert, ihre Eierstöcke werden entfernt. Es folgt die Chemotherapie, einmal Hölle und zurück. Das Risiko, dass der Krebs wiederkommt, scheint ihr zu hoch. Sie entscheidet sich zu einem drastischen Schritt. Auch die zweite Brust soll entfernt werden. „Ich wollte, dass es raus ist“, erzählt sie.
Die geheime Anmeldung zum Wettbewerb: Im vergangenen Frühjahr steht der OP-Termin an. Der Optimismus ist groß. Meisel hatte sich gerade wieder erholt, sich ins Leben zurück gekämpft. In dieser Zeit entdeckt ihr Mann einen Aufruf in der Fernsehzeitung „rtv“, die in ganz Deutschland vielen Tageszeitungen beiliegt: zu einem Schönheitswettbewerb für Frauen, die mindestens 50 Jahre alt sind. Warum auch nicht, denkt sich Günter Meisel und meldet seine Frau an.
Doch der Kampf gegen Krebs geht weiter: Vor der geplanten Operation verschlechtert sich Angelika Meisels Zustand. Es kommt zu inneren Blutungen. Die Ärzte finden einen Tumor im Magen. Der Krebs ist wieder da. Angelika Meisel wird notoperiert. Sie steht wieder am Anfang, obwohl der Brustkrebs bereits alle Reserven aufgebraucht hatte. „Ich konnte nicht mehr“, sagt sie.
Während sie gerade um ihr Leben bangt, geht die Misswahl ins Online-Voting. Hunderte Frauen aus der ganzen Bundesrepublik haben sich im diesjährigen Wettbewerb als „Miss 50plus Germany“ beworben. Per Internetabstimmung kommen 160 von ihnen weiter, darunter die Schwäbin.
Günter Meisel muss seine Frau einweihen. Er erzählt ihr von der heimlichen Bewerbung. „Du musst auf die Füße kommen, hat er gesagt.“ Angelika Meisel hat nun wieder ein Ziel vor Augen.
Auf makellose Schönheit kommt es ihr nicht an
Die zweite Chemotherapie bricht sie ab, denn die Behandlung verträgt sich nicht mit der Brustkrebs-Therapie. Heute fühlt sie sich gut. Ihre Augen leuchten, sie trägt einen Pferdeschwanz, glänzende Ohranhänger und nur wenig Make-up. Auf makellose Schönheit kommt es nicht mehr an. Die Fältchen versteckt sie nicht, nicht für Fotos, nicht für die Bühne.
Der Sprung ins Finale: Die Leser des Magazins wissen von all dem zunächst nichts. Mit dem Wettbewerb der Zeitschrift und der „Miss Germany Corporation“ soll ein Zeichen gegen Jugendwahn gesetzt werden. Frauen über 50 seien fit, aktiv, attraktiv und stünden mitten im Leben, betonen die Organisatoren. „Hinter jeder Frau steckt eine Lebensleistung, die ihr ein besonderes Charisma verleiht und sie als Mensch auszeichnet“, sagt „rtv“-Chefredakteur Matthias Roth. Er findet es bewundernswert, dass Angelika Meisel trotz schwerer Krankheit am Wettbewerb teilnimmt. „Wir wollen zeigen, dass das Leben Spuren hinterlässt.“
Bewerberin Meisel übersteht auch die Runden zwei und drei – eine erste Jury-Auswahl und ein Casting. Sie kommt unter die Top 40 des Wettbewerbs. „Das war wie ein Wunder“, sagt Meisel. Die Erfolgssträhne hält an. Die Telefonanrufer haben sie im Oktober sogar ins Finale mit insgesamt 20 Kandidatinnen gewählt. Gerechnet habe sie damit nicht. „Vielleicht ein wenig gehofft.“
Ihre Worte an alle Frauen: Nun hat sie der Ehrgeiz gepackt. Der Adrenalinschub lässt alle Schmerzen vergessen, die Krankheit ist ausgeblendet. „Ich fühle mich total fit“, sagt sie und ihre Stimme klingt dabei so aufgeregt, als würde sie sich gleich überschlagen.
Wichtiger als der Sieg beim Wettbewerb ist Meisel aber ihre Mission. „Ich will sagen: Gebt euch nicht auf.“