Diese Horror-Eltern folterten ihre Tochter
Manuela (16) musste stundenlang neben einem glühenden Ofen ausharren, wurde geschlagen, kalt abgeduscht, dann bei Frost ins Freie getrieben.
NÜRNBERG Hieronymus Bosch, der berühmte Maler aus dem Mittelalter, hatte genaue Vorstellungen von der Hölle. Auf seinen Bildern ergehen sich menschenähnliche Fabelwesen in fürchterlichen Blutorgien und Exzessen. Wie die Hölle auf Erden im 21. Jahrhundert aussehen kann, schilderte am Mittwoch im Gerichtssaal eine junge Frau als Zeugin. Manuela (16, Name geändert) war nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Spielball ihres gewalttätigen Vaters und dessen neuer Lebensgefährtin geworden.
Die Beziehung zwischen Bernhard M. (43) und Silvia G. (38) stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Trotz diverser Streitigkeiten beschloss das Paar jedoch, gemeinsam ein Haus zu beziehen. Doch mit der Sensibilität erfordernden Situation, die Patchwork-Familie zusammenzuführen, waren sie heillos überfordert. Die Zeche zahlten die Kinder.
Das Mädchen wurde zum Spielball des gewalttätigen Vaters
Die verhängnisvolle Mixtur aus Arbeitslosigkeit, Hartz-IV-Entgeld und beständigem Alkoholkonsum des Familienoberhaupts bekam vor allem Manuela zu spüren. Von ihrer Stiefmutter, die allenfalls zaghafte Versuche unternahm, Bernhard M. von Gewalttätigkeiten abzuhalten, konnte sie keine Hilfe erwarten. Denn im Einzelfall neigte auch sie zu ausgesprochen rigorosen Erziehungsmethoden. Die Nacht vom 9. auf den 10. Februar letzten Jahres stellte allerdings alles in den Schatten.
Keine Ahnung! So antwortete Bernhard M. gestern immer, wenn er sein Verhalten erklären sollte. Auch, als er den Grund nennen sollte, warum er in jener Nacht so ausgerastet war.
Manuela, die sich in ihrem Zimmer aufhielt, wurde der Anklage zufolge von ihm ins Wohnzimmer beordert. Dort sollte sie erklären, warum es in seiner Abwesenheit zwischen ihr und Silvia G. zu einem Streit gekommen war.
Die Feuer-Folter verursachte Verbrennungen zweites Grades
Ihre Antwort, von einem Streit nichts zu wissen, hatte fürchterliche Folgen. Das Mädchen musste sich unter Schlägen im Zentimeterabstand direkt neben einen mit Holz und Kohle befeuerten Ofen stellen. Die Hitze, die durch zusätzliches Befeuern ihres Vaters weiter in die Höhe getrieben wurde, war derart groß, dass ihre Haut langsam verschmorte. Später wurden Verbrennungen zweites Grades durch die Feuer-Folter diagnostiziert.
Das Martyrium des weinenden und vor Schmerz schreienden Mädchens dauerte drei Stunden. Ihre Stiefmutter, so ermittelte die Staatsanwaltschaft, hielt es nicht für nötig, einzuschreiten und Manuela zu helfen. Sie nahm auch hin, dass das Mädchen danach noch einmal stundenlang in einer Ecke des Flurs ausharren musste. Um zu verhindern, dass sie sich dieser Strafaktion entzieht, wurde rings um sie herum Mehl verstreut, um später Flucht-Spuren feststellen zu können.
Im Gerichtssaal stritten Bernhard M. und seine Freundin eine derart unmenschliche Vorgehensweise ab. Dafür räumten sie ein, dass Manuela am nächsten Morgen auch noch bekleidet in die Badewanne gestellt und mit kaltem Wasser abgebraust worden war. Danach musste sie vor dem Haus eine Stunde lang in der Kälte ausharren. Eine derartige Sanktion war nach Aussage von Silvia G. kein Einzelfall. Ebenso wenig wie Schläge.
Die gerichtliche Aufarbeitung des häuslichen Schreckensszenarios wird noch mehrere Verhandlungstage dauern.
Helmut Reister