Diese Fälle nehmen Bayerns Ermittler mit ins neue Jahr
Eine vermisste Frau aus München und ihre Tochter, ein Landwirt aus Bad Grönenbach, ein Logopäde aus Würzburg: Sie stehen beispielhaft für die vielen Krimifälle, die heuer in Bayern Schlagzeilen machten und 2020 weitergehen. Darunter sind auch prominente Namen.
München - Mord und Totschlag, Betrug und Diebstahl, Missbrauch und Vergewaltigung: Abertausende Delikte haben Polizei und Staatsanwaltschaft auch in diesem Jahr wieder beschäftigt. Einige haben weit über die Grenzen Bayerns hinaus für Aufsehen gesorgt. In manchen Fällen sind die Ermittler schon recht weit. Bei anderen stehen sie immer noch vor einem Rätsel. Und viele werden auch im neuen Jahr noch eine Rolle spielen. Eine Auswahl:
Tierschutz-Skandal bei Milchviehbetrieben
Gegen Verantwortliche von drei großen Milchviehbetrieben aus dem Raum Bad Grönenbach (Landkreis Unterallgäu) wird wegen Tierschutzverstößen ermittelt. Die Unternehmen hatten insgesamt mehr als 5.000 Rinder gehalten. Im Juli hatte eine Tierschutzorganisation Videos veröffentlicht, die Misshandlungen von Kühen in einem der Betriebe zeigen sollen. In der Folge kamen weitere Vorwürfe ans Licht. Die Staatsregierung will auf den Tierschutz-Skandal mit einer Neuorganisation der Kontrollbehörden reagieren. Die strafrechtliche Untersuchung der Fälle wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft erst 2020 abgeschlossen werden.
Logopäde in Würzburg: Kindesmissbrauch
In Würzburg wartet ein Logopäde auf seinen Prozess wegen Missbrauchs von Kindern. Die für Cybercrime zuständige Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg wirft ihm vor, sich in 66 Fällen an meist behinderten oder entwicklungsverzögerten Kindern vergangen zu haben - entweder in seinen Praxisräumen oder in Kindergärten, unentdeckt vom Aufsichtspersonal. Bei dem weitgehend geständigen Mann wurden nach der Festnahme im März rund 23.000 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten gefunden. Ausgehend davon konnten die Ermittler mehr als ein Dutzend weitere Verdächtige im In- und Ausland ausmachen, 50 Verfahren laufen noch. Und das Gericht muss entscheiden, ob dem Logopäden der Prozess gemacht wird.
Abgas-Manipulationen bei Audi
Gut 7.000 Seiten dick sind die Ermittlungsakten, die die Münchner Staatsanwälte im Verfahren gegen den früheren Audi-Chef Rupert Stadler zusammentrugen. Im Juli haben sie Anklage erhoben – nun warten die Beteiligten auf die Entscheidung der Wirtschaftsstrafkammer, ob und wann es zum Prozess kommt. Laut Staatsanwaltschaft soll Stadler spätestens Ende September 2015 von den illegalen Abgas-Manipulationen bei Audi-Dieselmotoren gewusst, den Verkauf der Autos aber trotzdem nicht verhindert haben. "Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung" lautet der Vorwurf. Wegen Verdunkelungsgefahr hatte Stadler 2018 sogar schon vier Monate in Untersuchungshaft gesessen, damals noch als Vorstandschef von Audi. "Er wird sich gegen die Anklagevorwürfe verteidigen", hatte sein Anwalt Thilo Pfordte angekündigt.
Ermittlungen gegen Dieter Wedel: Prozess wegen Vergewaltigung?
Sollte es zur Anklage kommen, könnte es der Prozess des Jahres werden: Nach rund zwei Jahren dürften die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I gegen den Regisseur Dieter Wedel bald vor dem Ende stehen. Wie lange es noch dauert, bis entschieden ist, ob Anklage erhoben wird oder die Ermittlungen eingestellt werden, ist nach Behördenangabe aber noch unklar. "Eine Prognose können wir leider nicht abgeben", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Eine ehemalige Schauspielerin wirft Wedel ("Der große Bellheim") vor, er habe sie im Sommer 1996 in einem Münchner Hotel zum Sex gezwungen. Wedel streitet die Anschuldigungen ab.

Patienten von Narkosearzt mit Hepatitis C angesteckt
Seit 2018 wird gegen einen früheren Narkosearzt aus dem nordschwäbischen Donauwörth ermittelt. Der Mann soll bei Operationen reihenweise Patienten mit Hepatitis C angesteckt haben. Das Gesundheitsamt des Landkreises Donau-Ries hat rund 60 infizierte Patienten ermitteln können. Bei mehr als 40 davon ist es nach Ansicht der Behörde eindeutig, dass die Infektion von dem Anästhesisten stammt. Der Mediziner litt selbst an der Krankheit und war medikamentenabhängig. Wie er seine Patienten möglicherweise infiziert hat, ist noch unbekannt. Die Staatsanwaltschaft hat erklärt, dass 2019 nicht mehr mit einem Abschluss der Ermittlungen zu rechnen sei.
Münchnerin mit Tochter vermisst: War es Mord?
Mitte Juli sollen eine Frau aus München und ihre damals 16-jährige Tochter ihre Wohnung in München verlassen haben, um in ein Einkaufszentrum zu gehen. Seitdem wurden sie nicht mehr gesehen. Der Ehemann der Frau und Stiefvater des Mädchens meldete die beiden als vermisst. Später rückte er dann ins Visier der Ermittler und wurde zum Tatverdächtigen in einem Mordfall. Nur: Die Leichen der beiden sind bis heute nicht aufgetaucht. Bei mehreren Suchaktionen unter anderem in einem Waldstück entdeckten Polizisten aber eine Fußmatte und einen Teppich mit Blutspuren. Die Beamten gehen davon aus, dass der Deutsch-Russe zuerst seine Frau tötete und danach die Tochter ermordete, um die Tat zu verschleiern.
Hausexplosion im Allgäu
Nach einer Hausexplosion mit zwei Toten im Allgäu will die Staatsanwaltschaft bis Anfang 2020 die Ermittlungen abschließen. Im Mai war das von einer Familie bewohnte Haus in Rettenbach (Landkreis Ostallgäu) bei einer Gasexplosion in sich zusammengestürzt. Der 42 Jahre alte Vater und seine siebenjährige Tochter starben, die damals 39 Jahre alte Mutter wurde schwer verletzt gerettet. Die beiden Söhne waren während des Unglücks auf einem Spielplatz. Ursache war, dass eine Flüssiggasleitung in der Nähe des Hauses undicht war. Ob die Kripo einen Verantwortlichen ermitteln konnte, ist noch unklar.

Dubiose Abrechnungen beim Arbeiter-Samariter-Bund
Führende Mitarbeiter, darunter der langjährige Landesgeschäftsführer, haben mit dubiosen Abrechnungen den bayerischen Landesverband des Arbeiter-Samariter-Bundes in Schieflage gebracht. Nach Auffassung eines Wirtschaftsprüfers rechnete der ASB gegenüber Krankenkassen rund sechs Millionen Euro zuviel ab - das Geld muss nun wohl zurückgezahlt werden. Vorübergehend drohte sogar die Insolvenz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Personen - vermutlich noch monatelang. Der fristlos entlassene frühere Landeschef streitet sich mit seinem Ex-Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht. Die Angelegenheit verursacht Kollateralschäden: Ein ASB-Kreisverband musste schon Insolvenz anmelden, weil die Landeszentrale nicht mehr in gewohntem Maße Zuschüsse geben kann.
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