Die Vermessung der Nürnberger Welt

NÜRNBERG - Katinka Bock bezieht sich im Kunstverein ADG auf die Stadt, bleibt aber unnahbar.
Wo sich doppelte Glasflächen an einen Stuhl schmiegen, ein Papierstoß Wellen schlägt und eine Hand im Video über rauen Sandstein wandert, wird jede Farbspur zum Augenbalsam. Im Kunstverein Albrecht Dürer Gesellschaft zeigt Katinka Bock (so auch der Ausstellungstitel) ihre unnahbare Seite.
Die in Paris und Berlin lebende Künstlerin (Jahrgang 1976) lässt in ihrer ersten deutschen Einzelausstellung das Unspektakuläre Ereignis werden: Aus einem Brunnengefäß im Lichthof sprudelt es nicht nach oben, sondern rinnt es unten heraus. Ein Trichter wartet draußen auf Regenwasser, um es nach drinnen auf Glasscheiben weiterzuleiten. Und ein Stein aus Nürnberger Quarzit harrt im Seitenarm der Pegnitz darauf, dass deren schwache Strömung Spuren an ihm hinterlässt. Eine Decke aus Keramik kuschelt sich unter einem Holztisch, ein scheinbar weiches Kissen trägt den soliden Holzklotz.
Nach einer Weile und angefüttert mit Informationen beginnen die Dinge zu einem korrespondierenden System zu verwachsen: Bock hat den Milchhof vermessen, setzt Papierstapel und -stange dazu ins Verhältnis, zieht imaginäre Linien zum Stein im Fluss (und weiter zur Burg: der Quader ist von Nürnberger Format) und zurück zu den Videos, in denen ein Steinkahn untergeht oder Kerzen in einer physikalischen Anordnung stumm explodieren.
So hat der spröde Wahnwitz Methode, erweist sich als Vermessung der Nürnberger Welt. Bocks Ironie bleibt leise: Ihr Steinquader im Wasser heißt treffend „Der Badende“.Georg Kasch
Kunstverein Albrecht-Dürer- Gesellschaft (Kressengartenstr. 2): bis 7. Juni, Mi-So 14-18 Uhr