Die Piaf sucht ihre Pfennigabsätze
NÜRNBERG - Das Schauspiel Nürnberg startet seine Soap „Achtung Baustelle!“ im Theater der Puppen
Eins ist schon mal klar: Die Mauer muss weg! Und wieder warten wir auf ein Signal aus Polen. Diesmal ist es eine Kachelmauer, die zur architektonischen Delikatesse namens Schauspielhaus Nürnberg gehört (der Vorarbeiter schmeckt an Mörtel-Resten des Jahrgangs 54) und im Rahmen der Sanierung abgerissen werden muss. Aber wie sollen das die Kapos hinkriegen, wenn die bestellten „polnischen Arbeiter" im Stau stecken? Dass man aus der Not nicht immer Tugenden, aber eine Soap machen kann, zeigt das Nürnberger Theater mit dem vorerst unendlichen Schmunzel-Projekt „Achtung Baustelle!" im niedlichsten ihrer Ausweichquartiere, dem Theater der Puppen.
Bei der ersten Folge solcher Serien ist es auf der Bühne nicht anders als im Fernsehen: Man muss sich aneinander gewöhnen. Der Maurer, ein Dynamit-Freak, und seine Kollegin, die schwangere Frau vom Bau, geraten ins Grübeln über ihre besondere Verantwortung für die Kunst. Sie (Rebecca Kirchmann) hat schon mal in der Schul-Theater-AG die Jungfrau von Orleans gegeben und die Reime noch drauf, er (Frank Damerius) hält es mehr mit Otto Reutters gleitender Arbeitszeit-Philososphie „Jetzt fang' mer gleich an“. Dann kommt Besuch der überkandidelten Art. Eine blonde Diva stöckelt auf die Baustelle, um ihren Glückspfennig aus der Garderobe zu retten. Elke Wollmann findet nur Pfennigabsätze, weiß aber ganz genau, in welcher Rolle sie die getragen hat. „Piaf, es ist lange her“, seufzt sie und schmettert hinreißend „Milord“. Zurück in die Zukunft: Einen besseren Trailer für die bevorstehende Dezember-Premiere gibt es nicht. Auch Damerius hat den Senioren-Strip aus „Ladies Night“ schon drauf, und wenn Thomas Nunner den trotteligen Stadtrat mit dem aufschäumbaren Verantwortungsbewusstsein gibt und Tanja Kübler als nächste Vorarbeiterin antritt, beginnt die Soap zu glitschen.
Die Idee von Alice Asper und Maren Zimmermann ist gut, die Anteile von Aktualität und Animation (achja, mitsingen musste man auch) sind sicher noch verhandelbar. Also etwas mit Frechheit nachwürzen und das Tempo anziehen – dann könnte was draus werden. Der Beifall für Folge 1 „Einreißen und abtragen“ war bereits abrissbirnenartig turbulent. Nun hoffen wir auf die Polen. D.S.
Wiederholung: 31. Oktober, 21 Uhr. Zweite Folge im Januar
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