Die „Lex Steigerwald

Um die leidige Debatte um das Schutzgebiet loszuwerden, hat der Landtag extra das Naturschutzgesetz geändert
Verena Lehner / Lokales |
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Um die leidige Debatte um das Schutzgebiet loszuwerden, hat der Landtag extra das Naturschutzgesetz geändert.

Landtag hat gestern eine Änderung des Naturschutzgesetzes beschlossen. Nur noch die Bezirke dürfen Flächen von über zehn Hektar schützen. Damit ist wohl auch das aktuelle Schutzgebiet im Steigerwald Geschichte.

Der Hintergrund: Der bekennende Naturschützer Günther Denzler, ehemaliger CSU-Landrat vom Kreis Bamberg, hatte im Frühjahr 2014, wenige Tage bevor er aus dem Amt schied, im Steigerwald das 775 Hektar große Schutzgebiet „Der Hohe Buchene Wald“ ausgewiesen. Mit zwei kleineren, direkt angrenzenden Naturwaldreservaten schuf Denzler in seinen letzten Amtstagen so das größte Wald-Schutzgebiet im Freistaat außerhalb der Nationalparke im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land.

Günther Denzlers Kalkül: Der Hohe Buchene Wald könnte einmal Keimzelle eines Nationalparks im Steigerwald werden, wie ihn viele Naturschützer seit Jahren herbeisehnen. Das Schutzgebiet sollte auch die Grundlage sein für eine Bewerbung der Region als Weltnaturerbe. Die uralten Buchenwälder im Steigerwald zählen zu den wertvollsten in Europa.

Welche Politiker dagegen sind: Der Chef der Landtags-CSU, Thomas Kreuzer, Innenstaatssekretär Gerhard Eck, der Vorsitzender des Anti-Nationalpark-Vereins „Unser Steigerwald“ ist, und anderen wichtigen CSU-Politikern sind ein Nationalpark und ein Weltnaturerbe im Steigerwald offenbar so ein Graus, dass sie alle Hebel in Bewegung setzten, mit dem einen Ziel: Das Schutzgebiet „Der Hohe Buchene Wald“ muss weg. In ihren Augen gibt es längst genügend Wald-Schutzgebiete, in denen die Natur Natur sein darf. Außerdem ist Forstwirtschaft für sie der beste Schutz der Wälder überhaupt.

Das Problem: Kreuzer und seine Mitstreiter fanden Gehör bei Horst Seehofer. Der Ministerpräsident dekretierte, das Schutzgebiet wird aufgehoben – erst in diesem Februar. Das Problem ist nur: Kein Politiker wolte sich die Finger verbrennen, indem er das anordnet. Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU), die oberste Aufseherin über den Naturschutz in Bayern, befürchtet einen immensen Imageschaden. Und Denzlers Nachfolger als Landrat, der CSU-Mann Johann Kalb, will die Nationalparkfreunde in seiner Region nicht verprellen.

Der Gesetzes-Trick: Kreuzer und Co. haben bald den Trick gefunden, wie sie das Schutzgebiet wegbekommen können. Zugleich wollten sie mit ihm ausschließen, dass es einer oder womöglich sogar mehrere Landräte Denzler nachmachen und große Schutzgebiete ausweisen. Mit der absoluten Mehrheit ihrer CSU im Landtag im Rücken wollten sie dafür das Naturschutzgesetz einfach ändern. Sie wollten durchsetzen, dass für geschützte Landschaftsbestandteile ab zehn Hektar Fläche nun die Bezirksregierungen zuständig sind, nicht mehr Bürgermeister und Landräte. So steht es in dem Antrag, den sie in den Landtag eingebracht haben und der nun gestern auch bewilligt wurde.

Die Kritik der Opposition: Der Grünen-Politiker und Chef des Umweltausschusses im Landtag, Christian Magerl, zeigte sich bereits vor der Debatte gestern empört. „Das ist eine reine Lex Steigerwald“, schimpft er. „Eine Änderung im Bayerischen Naturschutzgesetz, nur um ein in Landkreishoheit ausgewiesenes Schutzgebiet kassieren zu können – das ist Machtmissbrauch in alter CSU-Manier.“ In der zum Teil hitzig geführten Debatte im Landtag warfen SPD, Grüne und Freie Wähler der CSU arrogantes Handeln vor.

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