Die Killer-Brüder von Augsburg: Einer wohnte bei seiner Mama
Raimund M. war manchmal sehr krank. Seine Hand zitterte, und er stützte sich auf einen Stock. Er jammerte auch viel, erzählen die Stammgäste des Ach-Stüberls in Friedberg. Der arme Raimund – erst 58, und schon so krank. Angeblich war’s Parkinson. Beim TC Friedberg war Raimund M. ein ganz anderer Mensch: Da spielte der kräftige Mann noch bis September beim Tennis-Team der Alten Herren 55.
Geld schien der ehemalige Metzger auch zu haben – im Fond seines 5er BMW lagen immer die neuesten Schläger, und seine Kleidung war von hoher Qualität, sagen die Mitglieder. Manchmal kam er auch mit seinem teuren Mountainbike vorbeigeradelt, ein blaues der Firma Cannondale. Und manchmal kam sein Bruder mit – der Rudi (56). Der hatte das gleiche Radl und sah Raimund manchmal beim Tennisspielen zu.
Todkrank und gleichzeitig Tennisspieler? Das passt nicht ganz zusammen. Aber das ist nicht das Einzige, was bei Raimund M. nicht passt. Wie es aussieht, ist er ein Mörder. Gemeinsam mit seinem Bruder, Rudolf R., soll er am 28.Oktober den Polizeihauptmeister Mathias Vieth (†41) in Augsburg erschossen haben. Am Donnerstag wurden die Brüder in Augsburg und dem benachbarten Friedberg von einem Sondereinsatzkommando festgenommen (AZ berichtete). Gegen die mutmaßlichen Killer-Brüder spricht eine ganze Menge: Wie die Ermittler am Freitag in einer Pressekonferenz im Beisein von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk bekannt gaben, sogar sehr viel.
Eine DNA-Spur vom Tatort im Siebentischwald wurde mit der DNA von Raimund M. verglichen – prompt war’s ein Volltreffer. Nach den Festnahmen am Donnerstagmittag durchsuchte die Polizei die Wohnungen von Rudi R. in der Curtiusstraße im Augsburger Stadtteil Lechhausen und das Haus von Raimund M. in der Friedberger Schützenstraße. Dort schleppten sie auch den 5er BMW ab. Eine Scheune und eine Firma in Kissing wurden ebenfalls durchsucht.
Die Ermittler fanden unter anderem ein ganzes Waffenarsenal: Koffer voller Munition und 20 Pistolen und Maschinengewehre, darunter eine „Uzi“ und eine „Skorpion“ – mit Kugeln einer solchen Waffe wurde Mathias Vieth erschossen. Die Ermittler prüfen jetzt, ob mit ihnen im Siebentischwald geschossen wurde. Dazu kommt Rudi R.s Vergangenheit als verurteilter Mörder. Er hatte als 19-Jähriger im März 1975 den Polizeiobermeister Bernd Dieter Krauss in Augsburg erschossen.
Dann saß er 19 Jahre in Haft. Wie Nachbarn berichten, lebte er zuletzt bei seiner Mutter. Erdrückende Indizien – doch die Brüder haben nicht gestanden. Für sie gelte natürlich noch immer die Unschuldsvermutung, sagte Justizministerin Merk. Trotzdem gratulierte sie den Ermittlern zur „Aufklärung eines feigen und brutalen Verbrechens.“ Rudi R. gilt den Ermittlern als Haupttäter. Ihn hatten sie von Anfang an im Visier.
Der Verdacht erhärtete sich, als zwei Polizisten kurz nach der Tat das Auto eines Münchner Geschäftsmannes in der Nähe des Tatorts fanden. Die Motorhaube war noch warm, „ungewöhnlich für diese Zeit“, sagte Soko-Leiter Klaus Bayerl. Später kam raus: Der Wagen gehört einem Münchner Geschäftsmann. Dieser sei zwar nicht selbst am Tatort gewesen und unverdächtig. Er habe aber seit Jahren Kontakt zu Rudi R. gehabt und ihm häufig sein Auto geliehen.
Die Soko beobachtete Rudi R. wochenlang heimlich. Sie zapfte sein Telefon ab, beschattete ihn, prüfte seine Vermögensverhältnisse. Wie es aussah, hatten Rudi R. und sein Bruder Raimund viel Geld – das sie für dicke Autos und teure Klamotten ausgaben. Die Frage war nur: woher? Raimund M. war Frührentner, Rudi R. arbeitslos. Im Tennisclub hat die Festnahme von Raimund R. „alle geschockt“, sagt ein Mitglied. Noch vor drei Jahren sei der 58-Jährige dort Platzwart gewesen. Mit seiner Frau und deren Tochter habe er an Vereinsfesten teilgenommen – die Stadtangestellte löst nebenbei eine wichtige Frage: Raimund R. nahm bei der Hochzeit ihren Nachnamen an. Seinen alten gab er auf. Den trägt heute nur noch sein Bruder.
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