Die Kälte aus dem Keller
NÜRNBERG - Zwischen Meisterwerk und Sanierungsfall: Die Technik im Germanischen Nationalmuseum
Es ist nicht alles Kunst, was glänzt. Sicher könnte man die verzinkten Rohre in einer Ausstellung für eine Installation halten. Aber die Leitungen, Schaltzentralen und der Kaltwasserzylinder in der Technikzentrale 4 im zweiten Untergeschoss des Germanischen Nationalmuseums dienen höchst praktischen, klimatisierenden Zwecken.
Deshalb führt der dritte Teil der AZ-Serie über die verborgenen Bereiche des Germanischen Nationalmuseums in die Technik-Katakomben. Hier unten wummert und brummt es wie in einem Schiffsrumpf. Daran erinnern auch die Bullaugen, durch die man von den endlosen Fluren auf die Klimageräte blicken kann, die für konstante Temperaturen und Luftfeuchtigkeit in den Ausstellungsräumen sorgen.
Herr über die Technik am GNM ist Frank Stolpmann. In seinem Büro stehen drei Computer, an denen er die Arbeit der Anlagen verfolgen und steuern kann. Neben ihm sorgen 20 Angestellte im technischen Büro, drei Hausmeister und ein Spengler für den reibungslosen Ablauf.
Während sich oben die Besucher um Dürer, Kraft oder Roentgen scharen, arbeiten in den weitverzweigten Kellern des GNM vier Trafostationen, sechs Kältemaschinen, Dampfumwandler und Wasserdemineralisierer. 400 000 Kubikmeter Luft werden hier pro Stunde auf die richtige Temperatur und Feuchtigkeit gebracht, 10 000 Kubikmeter Wasser im Monat verbraucht. Da wundert es kaum, dass das GNM jährlich Stromkosten von mehr als 650 000 Euro tragen muss, Tendenz steigend. Einen Ausgleich gibt es dafür nicht. „Außerdem tut sich der Bund schwer, die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozent an uns weiterzugeben“, sagt Stolpmann.
Am Verbrauch lässt sich nur bedingt sparen. Schließlich kann man die Klimatisierung schlecht über Nacht abstellen, weil das den Kunstwerken schaden würde. Technische Möglichkeiten, um den Verbrauch zu drosseln, hat das GNM bereits in Angriff genommen. „Wir haben in eine Aufrüstung der Kälteerzeugung investiert und können so im Jahr 75 Tonnen Kohlendioxid einsparen“, berichtet Stolpmann nicht ohne Stolz. „Aber die Anlagen sind noch optimierungsfähig.“
Wie auch die Technik im Keller des Südbaus. Unter der Musikaliensammlung befinden sich beinahe ebenso museale Räume, in denen die Geräte noch aus den 1960er Jahren stammen. Zwar schätzt Stolpmanns Kollege Erwin Kocher die alte Technik: „Hier kann man noch basteln, Teile austauschen. Bei den neueren Maschinen ist das viel komplizierter.“ Aber für den Betrieb eines Museums ist die Anlage kaum geeignet und auch nicht vom Computer aus steuerbar.
Wie der ganze Bau von Sep Ruf. Einstmals hoch modern, entspricht er heute nicht mehr den konservatorischen Standards. Seine Glasflächen lassen die zulässigen Temperaturen schnell hinter sich; an den Scheiben bildet sich Kondenswasser.
Um die Gebäude zu sanieren und die Technik zu erneuern, braucht das GNM mehr Depots. „Wir können nicht wieder über Jahre die Sonderausstellungsräume mit unseren Exponaten belegen wie jetzt mit ,Faszination Meisterwerk’“, bestätigt Pressesprecher Christian Vogel die Dringlichkeit des Projekts. Ein fünfstöckiger Keller im Klosterhof soll Abhilfe schaffen. Doch das 23-Millionen-Projekt, das bis 2014 gestemmt sein sollte, wird von Bund und Land mit einer kalten Schulter bedacht. Ausstellungsräume lassen sich damit wohl kaum klimatisieren. Georg Kasch
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