Die ideale Mischung

NÜRNBERG - Der Dirigent Martin Haselböck kommt mit Haydn zur Nürnberger ION — und tourt mit Hollywood-Star John Malkovich.
In Nürnberg ist der Wiener Martin Haselböck ein alter Bekannter: Der Organist, Dirigent und Komponist, der nach einer Wunderkindkarriere 1985 das Barockensemble Wiener Akademie gründete und seitdem leitet, war hier schon oft zu Gast. Bei der diesjährigen Internationalen Orgelwoche zählt sein Konzert am 19. Juni in St. Sebald mit Haydn-Werken zu den Höhepunkten.
AZ: Herr Haselböck, im Jubiläumsjahr spielen sie Haydn rauf und runter. Können Sie ihn noch hören?
MARTIN HASELBÖCK: Und wie! Ich finde das Haydn-Jubiläum viel spannender als das Mozart-Jahr und habe Haydns Kompositionen ganz neu für mich entdeckt. Das sieht das Publikum ähnlich: Unsere Aufführungen der „Schöpfung", die ich in diesem Jahr zehn Mal dirigieren werde, an historischen Originalschauplätzen wie in Eisenstadt waren jedes Mal überlaufen.
Sie haben eine lange Verbindung zur Nürnberger Internationalen Orgelwoche.
Vor vielen Jahren habe ich beim Wettbewerb der ION einen Preis für Improvisation erhalten und schon oft in St. Sebald musiziert. Jetzt reizt es mich, österreichisches Rokoko in eine gothische Kirche zu bringen.
Warum immer wieder ION?
Ich finde den programmatischen Schnittpunkt zwischen Kirchen- und Konzertmusik toll, die die ION zum wichtigsten Festival im süddeutschen Raum macht. Diese Mischung ist das ideale Muster, um alle Aspekte sakraler Musik zeigen zu können.
Warum bringen sie von Haydn das „Stabat Mater" und sein „Salve Regina" mit?
Das „Stabat Mater“ ist ein bedeutendes, zentrales Stück und das erste, mit dem Kirchenmusik in den Konzertsaal tritt. Es war äußerst populär und wies Haydn den Weg aus der Eisenstädter Situation hin zu einem internationalen Publikum. Das „Salve Regina" entstand fünf oder sechs Jahre später und wirkt wesentlich sicherer. Haydn hat da souverän auf die Welt der barocken Affekte zurückgegriffen.
Jetzt touren Sie auch mit einem Hollywood-Star durch Europa. Wie kommt man als Alter-Musik-Experte zu einem Melodram mit John Malkovich?
Ich leite in Los Angeles das Barockorchester Musica Angelica und wollte die dortigen Ressourcen nutzen. Mich verwunderte, dass vor uns noch nie ein Orchester auf die Idee gekommen war, Hollywood-Schauspieler anzusprechen, um zum Beispiel „Peter und der Wolf" zu machen.
Warum dann aber ausgerechnet John Malkovich?
Malkovich ist wirklich ein faszinierender Intellektueller, nicht zu vergleichen mit anderen Schauspielern. Er wollte gerne ein Projekt machen. Ursprünglich hatte ich ihm Georg Anton Bendas „Ariad- ne"-Melodram vorgeschlagen. Aber er wollte etwas Zeitgenössisches. Zu der Zeit beschäftigte sich der Autor und Regisseur Michael Sturminger mit dem österreichischen Massenmörder Jack Unterweger, und so kamen wir auf die Idee, seine Geschichte mit klassischer Musik zu erzählen.
Und das funktioniert?
Sogar sehr gut. Die Arien von Haydn, Mozart, Beethoven und Weber passen wunderbar in Sturmingers Dramaturgie, weil die beiden Sängerinnen darin genau jene Gefühle ausdrücken, die Unterweger in ihnen hervorruft. Das hat bei der Uraufführung im vergangenen Jahr auch Malkovich so fasziniert, dass wir mit der Produktion jetzt nach Wien, später nach London und Paris gehen.
Interview: Georg Kasch