Die ewigen Betondepp’n

Sigi Zimmerschied beschwört bei der Nürnberger Premiere die Satire-„Zeitgeister“ - zwischen Allah, Shiva, Manitou und Strauß
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Nürnberger Uraufführung einer „Montage“: Sigi Zimmerschied.
Klaus Schillinger Nürnberger Uraufführung einer „Montage“: Sigi Zimmerschied.

NÜRNBERG - Sigi Zimmerschied beschwört bei der Nürnberger Premiere die Satire-„Zeitgeister“ - zwischen Allah, Shiva, Manitou und Strauß

Die Ewigkeit hat viele Gesichter: Deswegen liegen zwischen der metaphysischen Kartelrunde, wo sich Allah, Shiva, Manitou, Strauß (als Buddha-Platzhalter) und unser „Oida Zipfelbremser“ vom Irdischen erholen, und dem hochpromillenten Volksvertreter, der es jedem Besucher auch gerne mit unausrottbarem Niederbayern-Charme auf den Kopf zulallt, dass er sich nicht auf den selbigen „scheißen“ lässt, nur zwei knappe Stunden. Samt torkelnder Erkenntnis: „Und so gehen wir durch die Jahrtausende.“ Es bleibt alles anders, wenn Sigi Zimmerschied die „Zeitgeister“ aus 33 Jahren Passauer Nibelungen-Treue zur Wiedersehensvorlage ruft. „Montage“ nennt der Satire-Sonderfall seine Nürnberger Uraufführung. Da geht jemand seiner Arbeit nach.

Verdauungsstörungen mit würgender Rabiat-Pantomime

„Reißwolf“ war ursprünglich als Programm gedacht. Die eingeschobene „Montage“ dressiert das Raubtier des kontrollierten Gedächtnisverlustes kurzerhand um zum Wiederkäuer der Erinnerung. Was hochkommt, wird runtergeschluckt. Sigi Zimmerschied lebt als Werkschauspieler die Verdauungsstörungen mit würgender Rabiat-Pantomime vor, wenn in der Zeitgeisterbahn auch die „Betondepp’n“ ihren Ignoranz-Marsch auf die Tischplatte trommeln, das Klassentreffen in Alkohol und Arroganz absäuft und die Kino-Figur „Schartl“ nun als Video-Projektion durch Formular-Bürokratie und Ehebetten der Reihenhaus-Uniformität irrt und verkündet: „Der Kommunismus ist die Gleichschaltung der Welt.“

Wo „Fecht- zu Fickmeistern“ werden

Der Durchlauferhitzer, den Sigi Zimmerschied, der Kabarettist mit den Saft-Sonderreserven, diesmal anwirft, strahlt genug Reibungsglut ab. Er hasst sich für seinen „katholischen“ Witz, der ihm eine Karriere in Veitshöchheim in Frauenkleidern versaut. Rauschhaft und sprachentfesselt stürzt er sich auf die „jungen wilden Dramatiker“, wo „Fecht- zu Fickmeistern“ werden. Ermuntert die Boom-Branchen der Krise, Psychiatrie und Kriminalität. Als Feinschmecker-Kabarettist tröstet er sich derweil mit Weißburgunder „zum Negermassaker“ – wegen der frischen Zitrusnote. „Wir haben ja die ewige Erkenntnis“, ätzt er später. Überhaupt verbreitet Zimmerschied diesmal eher Zweifel als Schrecken. Mahnt die „Lust an der Bedeutungslosigkeit“ an und verteidigt in der Zugabe fränkelnd die Jägerzäune der Kleinkunstwarte. Das Premierenvolk jubelte: Als Überbrückungskabel zündet das Solo zuverlässig. Andreas Radlmaier

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