Die Dompteure im Blechzirkus
Aus ihrer Zentrale in Fischbach sorgen die Männer von der Nürnberger Verkehrsleitzentrale dafür, dass der Verkehr auf Nordbayerns Autobahnen fließt
NÜRNBERG Wenn am Wochenende auf der A6 von Heilbronn nach Nürnberg ein Urlauberauto ins Schlingern gerät und auf ein Stauende auffährt, werden sie aktiv: Mit wenigen Tastenbewegungen leiten die Mitarbeiter der Verkehrs- und Betriebszentrale (VBZ) der Autobahndirektion Nordbayern Gegenmaßnahmen ein: Stauwarnungen und Umleitungen blinken dann von den großen Digitalanzeigen an der Autobahn und leiten den Verkehrsstrom um.
Hier in Nürnberg-Fischbach wurde die VBZ kurz vor der WM 2006 in Betrieb genommen. In dem unscheinbaren Gebäude gleich neben der A9 arbeiten rund um die Uhr mindestens zwei Verkehrsüberwacher daran, den Verkehr auf Nordbayerns Autobahnen zu zähmen. Gerade jetzt, wenn die Osterreisewelle wieder gen Süden rollt, haben sie viel zu tun. Von den Grenzen zu Thüringen und Hessen im Norden bis kurz vor Regensburg und Ingolstadt im Süden, von Aschaffenburg im Westen bis nach Tschechien reicht das Hoheitsgebiet der 16 Fischbacher Verkehrs-Dompteure.
An den Straßenrändern und Brücken des gesamten Überwachungsgebiets befinden sich 1850 Messzellen, die minütlich Auskunft über Wetter und Verkehrsfluss geben. Bereits neben 70 Prozent aller Strecken liegen Glasfaserkabel, die die Informationen zum Großrechner transportiert. Viele der Messzellen bekommen ihren Strom aus Solarzellen.
Melden sie nun Temperaturen unter Null Grad, werden Streufahrzeuge losgeschickt. Regnet es in Strömen, leuchten auf den Schilderbrücken Warnhinweise auf. Aus der Verkehrsdichte, den Wetterverhältnissen und der Anzahl der Lastwagen errechnen die Computer permanent das optimale Tempo.
Bereits kleine Störungen können sich fatal auswirken
Auf der 14 Quadratmeter großen Multivisionswand, dem Herzstück der VBZ, laufen alle wichtigen Informationen zusammen. Am Arbeitsplatz jedes Mitarbeiters befinden sich zudem fünf Bildschirme, um der Informationsflut Herr zu werden. Angebunden an das Informationsnetz ist ebenso die Stadt Nürnberg, das bayerische Behördennetz und die Nürnberger Messe, um den Verkehr in allen Situationen im Fluss zu halten.
„Wir streben immer nach einem harmonischen Verkehr. Bereits kleine Störungen wie ein liegengebliebenes Fahrzeug können sich fatal auf das ganze Netz auswirken“, sagt Peter Ermer, der Leiter der VBZ. Deshalb lassen die Verkehrs-Dompteure keine zu großen Geschwindigkeits-Differenzen zwischen den einzelnen Fahrzeugen aufkommen – und verordnen dem Autobahn-Abschnitt per ferngesteuerten Verkehrszeichen ein Tempolimit. Außerdem hat die VBZ auch ständig ein Auge auf die vier großen Autobahn-Tunnel in Nordbayern. „Wenn es im Tunnel brennt, erstickt man schon nach wenigen Atemzügen“, sagt Ermer.
350 Millionen Euro kostet es die VBZ im Jahr, um ihr 1320 Kilometer langes Straßennetz in Schuss zu halten und die Sensoren ständig zu erneuern. Doch der Aufwand lohnt sich, sagt Ermer. Und nennt ein Beispiel: „Seit 2008 geben wir den Seitenstreifen an der A73 Richtung Erlangen bei dichtem Verkehr fallweise frei. Die Zahl der schweren Auffahrunfälle ist hier seitdem deutlich zurückgegangen.“
Christian Sandherr
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