Die Angst vor dem Krebs-Gift!
NÜRNBERG „Angst und Sorge“ hat Felix Geismann, Vorsitzender des Bürgervereins St. Leonhard-Schweinau, nach dem erneuten Brand in der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Sandreuth. „Ich misstraue der harmlosen Darstellung der Mess-Ergebnisse. Immer heißt es, es gebe keine Gesundheitsgefährdung. Dann aber frage ich mich: Wenn es so unschädlich ist, Müll zu verbrennen – warum leistet sich die Anlage dann teure Filter?“
Am Montag hatte es heftig in der MVA gebrannt – zum zweiten Mal in einem Jahr. Geismann kämpft seit Baubeginn 2001 gegen die MVA. Was ihn am meisten ärgert: „Ein nur 30-minütiger Schwelbrand im Müllbunker wurde einmal von den Verantwortlichen wortwörtlich als ,Super-GAU’ bezeichnet. Aber was bitte ist dann ein Brand, der sich über fast 24 Stunden hinzieht?“ Um 8.45 Uhr wurde am Montag die Feuerwehr gerufen. Tonnenweise Müll brannte. Als Brandbeschleuniger machte die Polizei später mit Öl getränkte Lappen aus. „Die werden von Unternehmen wie Tankstellen angeliefert“, so der Vize-Werkleiter Reinhard Arndt. Um im dicken Qualm etwas erkennen zu können, wurden zunächst die Lüftungsklappen des Müllbunkers geöffnet. Damit konnte der Qualm ungefiltert abziehen.
Höhere Luftbelastung durch Dieselruß?
Die Feuerwehr misst die Luft, jedoch prüft sie nur Kohlenmonoxid (CO). „Das Kohlenmonoxid gilt als Leitparameter“, erklärt Thomas Schertel von der Feuerwehr. Ist die Konzentration gering, könne davon ausgegangen werden, dass auch andere Stoffe kaum in die Umwelt abgegeben wurden. Geismann glaubt das nicht. „Wenn das so ungefährlich ist, dann können wir unseren Müll ja im Garten verbrennen.“ Tatsächlich muss diesmal auch der Rauch der verkokelten Schweröl-Tücher in die Luft gestiegen sein – ungefiltert. Ob die Tücher komplett verbrannten oder im Bereich des Schwelbrandes lagen, ist unklar – aber nicht unwichtig: Denn wenn Schweröl unvollständig verbrennt – wie bei einem Schwelbrand – entstehen gefährliche Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Werner Balzer, Leiter der Stadtentwässerung und Umweltanalytik (SUN): „Sie gelten als stark krebsauslösend.“
Seine Behörde wurde – anders als beim Brand im April vergangenen Jahres – nicht aufgefordert, besondere Messungen zu machen. Damals gab das Umweltamt später Entwarnung: Zwar gelangten 60 Tonnen Schadstoffe in die Umwelt. Weil an dem Tag aber ein kräftiger Wind wehte, wurden diese großräumig verteilt. „In den meisten Fällen ist es zu einer nicht messbaren Erhöhung der Schadstoffkonzentration gekommen“, hieß es im Bericht. Balzer hält auch jetzt den Ball flach. „Krebserregende Stoffe sind immer gefährlich. Doch ohne die Mengen zu kennen, die eventuell ausgetreten sind: In einer Inversionswetterlage, also an Tagen ohne Luftaustausch, haben wir durch Dieselruß eine höhere Luftbelastung.“ Täglich wird an zwei Stellen die Luft auf Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid gemessen: am Bahnhof und in der Von-der-Thann-Straße. Die liegt nur wenige hundert Meter von der Müllverbrennungsanlage entfernt. Beim Brand wurden keine erhöhten Messwerte gefunden.
Das macht Geismann nicht ruhiger: „Wer weiß, was doch noch ausgetreten ist und wo der Wind das hinträgt – vielleicht messen sie an der falschen Stelle.“