Dicke Geschäfte mit Bildern aus Nürnberg

Clevere Idee: Smartphones und PCs als allgegenwärtige Werbebotschafter. „Streetside-Ansichten“ werden mit Angeboten kombiniert.
von  Peter Budig
Seit Montag in und um Nürnberg unterwegs: Ein mit NAVTEQ Panorama- und Multi-View-Kameras sowie Messeinheiten zur Geo-Positionierung ausgestattetes Spezial-Fahrzeug.
Seit Montag in und um Nürnberg unterwegs: Ein mit NAVTEQ Panorama- und Multi-View-Kameras sowie Messeinheiten zur Geo-Positionierung ausgestattetes Spezial-Fahrzeug. © Berny Meyer

NÜRNBERG „NAVTEQ“ steht in Großbuchstaben auf der Motorhaube eines irgendwie gewollt schmuddelig wirkenden graublauen „Golf 6“. Auffälligstes Merkmal ist die Kamera auf dem Dach. In drei Metern Höhe, mit extremem Weitwinkel versehen, filmt sie Häuser, Straßenzüge, Sehenswürdigkeiten, buchstäblich im Vorüberfahren. Wir sind in der Bartholomäusstraße in Nürnberg, Pressetermin mit Microsoft.

Am Steuer des VW sitzt der Geologe Antonio Radic (29), der mit Beifahrer, welcher die Bildqualität kontrolliert, im Auftrag von Microsoft unterwegs ist, um die Welt in webtauglichen Panorama-Formaten abzuliefern. Bing Maps Streetside heißt der Dienst, der 50 deutsche Städte erfassen wird. Im Herbst soll er online gehen.

Deutschlandstart in Nürnberg

Microsoft beweist Sinn für Prioritäten – Deutschlandstart war im Städtedreieck Nürnberg, Fürth, Erlangen: „Wir sind etwa sieben Stunden am Tag unterwegs, haben heute südlich vom Flughafen begonnen,“ gibt Radic preis. Microsoft spricht von „touristisch interessanten Einblicken“, die man einfangen wird – doch die guten Menschen aus Redmond, Seattle, wollen natürlich nicht in erster Linie Heimatansichten für schöne PC-Stunden liefern.

In der Ideenwelt der Streetside-Business-Strategen werden wir künftig mit unserem Smartphone durch die Straßen laufen, das uns daran erinnert, dass heute Hochzeitstag ist und gleichzeitig alle Blumenläden, Juweliere, Schokolatterien bildstark aufploppen lässt, die am Wegesrand liegen. Und die werden für diese werbewirksamen Dienste zahlen müssen.

Kann man sein Haus pixeln lassen?

Das ist nur eine von tausend denkbaren Varianten, die (touristische) Information (Agnes Dürer führt durchs Museum) mit werblicher Annonce (Tapasrestaurant rechts, Maniküre im Keller) kombiniert. Die Journalisten beim Pressetreff wollten aber viel dringlicher wissen, wie datenschutzsensible Menschen ihr Haus auf Wunsch „blurren“ (das Bild unscharf pixxeln) können – und vor allem wann. Microsoft Pressesprecher verweisen auf eine Selbstverpflichtung der Industrie (also Microsoft, Google...), die das aus freien Stücken einräumen – jedoch nicht vor der Veröffentlichung des Online-Service: „Wir müssten ja alle Daten der Antragsteller erfassen und in einem zentralen Melderegister speichern. Das wäre nicht im Sinne der Datensparsamkeit“, behaupten Miriam Kapsegger aus der Münchner Microsoft-Pressestelle und ihr Kollege Thomas Baumgärtner in Nürnberg vor Ort etwas sehr unisono.

Im Sommer, so die Konzernvertreter, werde es eine Hotline für offene Fragen geben und eine Website. Sobald der Dienst online geht, kann man ganz einfach sein Haus suchen und bei Bedarf das „blurren“ in Auftrag geben. Wer heute schon wissen will, wie das aussieht, kann sich die Ansichten auf den amerikanischen Seiten - www.bing.com mit dem „streetside-Männchen“ einmal ansehen.

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