Deutschlands Bester
MÜNCHEN - Gourmet-Kaffee aus Unterhaching: Das Münchner Familienunternehmen „Supremo“ ist die „Rösterei des Jahres“ . Dabei entstand sie aus purer Leidenschaft für das Getränk.
Die Geschichte von Deutschlands bester Kaffeerösterei beginnt im kalifornischen Silicon Valley. Dort fasst der Software-Unternehmer Bernd Braune 2002 den Entschluss, sein Unternehmen zu veräußern, seinen drei Kindern nach München zu folgen und endlich seine große Leidenschaft zum Beruf zu machen: sortenreinen Gourmet-Kaffee. Eine kluge Entscheidung – das Magazin „Crema“ hat Braunes Familienbetrieb „Supremo“ jetzt zur „Rösterei des Jahres“ gekürt.
„Ich habe über 1000 Mikrochips entwickelt. Das reicht doch“, sagt Bernd Braune. Von Kaffee hingegen kann der 52-Jährige gar nicht genug bekommen. Deswegen sind er und sein Sohn Raphael (29) nach dem Verkauf der IT-Firma monatelang um die Welt gereist – auf der Suche nach alten Rezepten, und neuen Sorten. „Die große Frage war: Wo kriegen wir Super-Kaffee her, den andere nicht haben“, erinnert sich der Junior. Seine Schwester Bianca (32) war an dieser Entwicklung nicht unschuldig. Sie hatte sich in einen Röstmeister verliebt, ihn geheiratet und seinem ursprünglichen Arbeitgeber abspenstig gemacht. Mit seiner Hilfe legten die Braunes los. Erst übten sie ihre Kunst in einer alten Fabrik-Halle, dann bauten sie eine ehemalige Schlosserei in Unterhaching zum „Supremo“-Sitz um.
Hier steht Bernd Braune nun mit einem Säckchen Kaffeebohnen im Arm vor der Tür und strahlt wie ein Kind beim Geschenkeauspacken. „Auf diese Lieferung habe ich sehnlichst gewartet.“ Der Leinenbeutel kommt direkt aus Äthiopien, von der Halbinsel Zege im Tana-See. „Dort gibt es drei christliche Klöster“, erklärt Braune. Im vierten Jahrhundert begannen die Mönche mit dem Anbau von Kaffee.
Der Handel läuft von Mönch zu Mann
Lange lagen die Felder brach. Erst seit kurzem lassen die Gottesmänner die Beeren wieder in der Sonne trocknen und reiben das Fruchtfleisch anschließend mit der Hand ab. „Dieser Kaffee schmeckt außergewöhnlich und ursprünglich. Er ist eine Rarität und im normalen Handel nicht zu bekommen“, sagt Braune stolz. Bei ihm schon.
Denn der Münchner und ein Team befreundeter „Kaffeeverrückter“ haben den Afrikanern geholfen, ihre Plantagen wieder zu bewirtschaften. Vor Ort. In Äthiopien. Und ihnen dann die Ernte abgekauft. Ohne Zwischenhändler, von Mönch zu Mann. So machen die Braunes am liebsten Geschäfte.
Drei Monate waren die Säckchen unterwegs. Jetzt landen sie im Keller von „Supremo“ – im einzigen Kaffee-Humidor der Bundesrepublik. Bei 16 Grad Celsius und 45 Prozent Luftfeuchtigkeit lagern hier auf 400 Quadratmetern 98 verschiedene Edel-Kaffeesorten. Paletten mit Bohnen aus Kolumbien stehen neben „braunem Gold“ aus Tansania. Jamaika ist vertreten, Nicaragua, Bolivien, Sumatra, Indien und Sulawesi. „Die guten Ernten sind oft sehr klein. Manchmal ist es nur ein einziger Sack“, erklärt Bernd Braune. Dann zeigt er auf einen Beutel „Yauco Selecto“ aus Puerto Rico: „Den trinken die Herren im Vatikan. Und der da vorne stammt vom Mount Everest.“
Der Teuerste kostet 42,80 Euro pro Kilo
Mitten im Humidor stehen vier bunt bemalte Fässchen. „Kopi“ hat jemand darauf geschrieben, das heißt „Kaffee“ auf Indonesisch. Die Fässer wurden von einer Bauern-Familie an „Supremo“ geschickt – sie enthalten ihre gesamte Ernte. Wenige Schritte weiter verrät ein Schleichkatzen-Etikett den vermeintlich teuersten Kaffee der Welt, „Kopi Luwak“ von der Insel Java. „In Filmen wird immer behauptet, der kostet 1000 Euro pro Kilo. Das stimmt aber nicht“, sagt Bernd Braune. Das Besondere an den relativ unscheinbaren Bohnen: Sie werden von einer Katzenart gefressen, wieder ausgeschieden und dann eingesammelt. „Die Bauern auf Java werden nach geernteten Kilos bezahlt“, erklärt der Chef. „Das heißt, sie packen auch mal eine Beere ein, die noch nicht reif ist. Die Katze aber frisst ausschließlich die reifen Beeren.“ Natürliche Premium-Selektion nennt man das wohl.
Zu den Kunden der Braunes zählen das „Tresznjewski“ in der Theresienstraße und der Linde-Konzern.
Aber auch Privatleute können im „Supremo“-Café im Erdgeschoss probieren, was im Keller lagert, ein Tässchen davon trinken, oder sich ein Paket für zuhause mitnehmen. Die Preise liegen zwischen 14,40 Euro für das Kilo „Yauco Selecto“ und 42,80 Euro für das Kilo „Kopi Luwak“.
Durch große Fenster in der Innenwand sieht man Röstmeister Reinhard Kulik bei der Arbeit. Etwa 3500 Kilo Bohnen röstet der 50-Jährige pro Monat. Jeweils 18 bis 20 Minuten bleiben die grünen Kerne in der Maschine, bevor sie braun und duftend wieder herausgeholt werden. „Das Kaffeeöl in der Bohne entsteht bei 205 Grad und wir gehen nie über 210. So wird der Kaffee bekömmlich und vollmundig“, lobt der Chef.
Für die Verkostung sind 40 Grad ideal
Im Labor ein Stockwerk höher überprüfen Raphael, Bianca und Schwester Rahel (25) die Qualität des frisch gerösteten Produkts. Was den „Supremo“-Ansprüchen nicht genügt, trinkt die Familie. Einen Teil der Analyse erledigen Maschinen, der Rest ist Geschmackssache: Die gemahlenen Bohnen werden mit heißem Wasser aufgegossen und bei 40 Grad „verkostet“. „Kaffee hat etwa 800 Geschmacksstoffe. Bei dieser Temperatur lassen sich die wichtigsten am besten erkennen, weil Nase und Geschmacksnerven dann optimal arbeiten“, sagt Bernd Braune. Sohn Raphael macht vor, wie’s geht: Geräuschvoll schlürft er einen Löffel Kaffee und zieht dann noch einmal laut die Luft ein.
Um auf dem Laufenden zu bleiben, engagieren sich die Braunes als Förderer und Jury-Mitglieder beim „Cup of Excellence“. Der Wettbewerb kürt jedes Jahr die besten Kaffeesorten eines Landes, zuletzt fand er im November in Brasilien statt. „Bei den Verkostungen dort ist es manchmal so laut, dass einige Jury-Mitglieder nur mit Ohrstöpseln auftauchen“, erzählt Raphael Braune und lacht.
Die Sieger-Ernten werden im Internet versteigert. 85 Prozent des Erlöses gehen direkt an den Erzeuger. „Supremo“ ist oft die einzige deutsche Rösterei, die mitbietet.
Und welchen Kaffee trinken die Experten selbst? „Mein Liebling ist momentan der San Rafael aus Guatemala, der Jahrgangsbeste seines Landes. Er ist extrem schokoladig und so frisch, wie man sonst keinen Kaffee bekommt“, schwärmt der Junior. Der Senior hingegen schwört auf den „Alvarado aus Kolumbien, geerntet von Bauer Oscar, einem 28-jährigen Familienvater mit zwei Kindern. Der Kaffee hat einen schönen runden, würzig-kräftigen Geschmack mit einem schokoladigen, leicht bitteren Unterton. Der Inbegriff des Kaffees!“ Natalie Kettinger
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