Der wohl alternativste In-Biergarten der Stadt
Das „Palais Schaumburg“ in Gostenhof ist seit 24 Jahren eine Institution: Vom Bio-Experiment sind das tolle Essen und das Flair geblieben.
NÜRNBERG Es war ein bisschen wie in der DDR: Die Gäste standen Schlange an der Theke, trugen die Getränke selbst nach draußen. Alles war eine ernsthafte Angelegenheit, denn der Wirt beliebte nur selten zu scherzen. Heute, 24 Jahre später, hat sich nichts geändert. Noch immer stehen die Gäste im Palais Schaumburg in Gostenhof Schlange. Aus Wirt Walter Port ist noch immer kein begnadeter Smalltalker geworden. Und voll ist das „Peng-Leng“, wie Stammgäste das für Franken unaussprechliche Lokal tauften, auch noch immer, und das praktisch jeden Abend. „Darauf bin ich stolz. In – das bist Du doch nur drei Jahre lang“, sagt Port.
Heute wird nicht mehr jeder geduzt
Nur die Duzerei, die zum guten Ton der alternativen Szene gehörte, als er mit Inge Korn das „Palais“ 1985 eröffnete, ist nun aufgeweicht. Sie ist ja inzwischen auch schwer vermittelbar: „Unsere Gäste haben sich verändert, vor allem über Mittag. Und meine Bedienungen sind um die 20. Die können die Richter, Lehrer und Staatsanwälte, die hier ihre Pause genießen, doch nicht duzen“, sagt Port. Die Bedienungen kennt er schon, seit die im Kies unter den hohen Bäumen im Biergarten spielten – jetzt groß gewordener Nachwuchs von Stammgästen wie Ernst Schultz (Musikzentrale, „Ihre Kinder“), der noch heute zum Kneipen-Inventar zählt.
Die Jungen und Hippen – sie lieben das Palais aber genauso. Was auch mit der Speisekarte zusammenhängt. Aus dem Bio-Experiment auf Grünkern-Grundlage ist seit Jahren gehobene Küche geworden – mit heimischem und fast vergessenem Gemüse wie Schwarzwurzel, rote Beete oder Wirsing, mit „Kloß-Gerichten“, sprich Bratendelikatessen, und Leckereien wie die großen Schnitzel. „Unsere Köche arbeiten hier seit Jahren. Die kämen nie auf die Idee, etwas in die Fritteuse zu werfen.“ Salatdressing aus der Tüte? Port verzieht nur sein Gesicht.
Um 23 Uhr muss im Biergarten Ruhe herrschen
Am besten schmeckt’s draußen, im Kies an den Tischen. Abgeschirmt durch eine hohe Mauer, gut beschirmt durch ein Blätterdach kann man draußen bis 23 Uhr klönen, da legt die Nonne auf dem alten Krankenhausschild über dem Eingang längst mahnend den Finger auf die Lippen. Und vielleicht hat sich bis dahin Wirt Port zu einem gesetzt und mit einem geredet. Das soll, so erzählt man sich, in letzter Zeit öfter schon passiert sein. ..sw