Der Winter ist in Gefahr!

Laut Prognosen von Wetterexperten steht bereits jetzt fest, dass die kalte Jahreszeit so mild wie nie werden könnte. Die gute Nachricht für alle Brettl-Narrischen: Skifahren geht wohl trotz mildem Winter.
von  Verena Lehner
Wegen Schneemangel geschlossen: ein Schlepplift in einem bayerischen Mittelgebirge.
Wegen Schneemangel geschlossen: ein Schlepplift in einem bayerischen Mittelgebirge. © dpa

Heute beginnt meteorologisch gesehen die kalte Jahreszeit. „Doch vom Winter ist weit und breit noch nichts zu sehen“, sagt Meteorologe Dominik Jung im Gespräch mit der AZ. Im Gegenteil: Der Winterauftakt ist frühlingshaft-mild, regnerisch und vor allem: stürmisch. Und das wird sich diese Woche auch nicht ändern. Doch wie geht es mit dem Winter in Bayern weiter?

„Das lässt sich so genau leider nicht sagen“, erklärt Jung. Langfristige Wetterprognosen lassen sich immer nur für großräumige Gebiete erstellen. „Und auf der Weltkarte ist Bayern leider nur ein kleiner Fleck“, so Jung. Was Jung allerdings mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, ist, dass Bayern wohl in Sachen Winter im deutschlandweiten Trend liegen wird. Und der besagt: Dieser Winter wird aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich wärmer als normal und dazu noch ziemlich nass.

Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Bereits der November war viel zu warm. Es war der wärmste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Es gab 20 Prozent mehr Regen als in einem Durchschnitts-November, aber auch 20 Prozent mehr Sonnentage.

 

Der angekündigte Jahrtausendwinter bleibt wohl aus

 

Derzeit sieht es danach aus, dass es im Dezember genauso weiter geht und der Winter insgesamt um gut zwei Grad zu warm werden könnte. Aber war vor einigen Wochen nicht noch etwas von einem bevorstehenden Jahrtausendwinter mit jeder Menge Schnee und Eis zu lesen?

„Das ist wohl eher mehr als unwahrscheinlich“, sagt Jung. „Wenn es ein Jahrtausendwinter wird, dann wohl eher in die andere Richtung.“ Heißt: so warm wie noch nie. In den Mittelgebirgen schaut es schlecht mit Schnee aus Der Schnee, der in den vergangenen Tagen gefallen ist, ist in den niedrigen Lagen und in den Mittelgebirgen bereits schon wieder so gut wie verschwunden. Was bedeutet das für alle Wintersport-Narrischen? Für die hat Dominik Jung eine gute Nachricht. „Auf Wintersport muss keiner verzichten.“ Die Prognosen eines milden Winters beziehen sich laut Jung auf die niedrigen und mittleren Lagen. „In den Alpen so ab 2000 Meter dürfte trotzdem genug Schnee liegen.“ Nur in den Mittelgebirgen wie zum Beispiel im Bayerischen Wald könnte es mit dem Pistenspaß in diesem Jahr schlecht aussehen.

Weiße Winter mit schneebedeckten Pisten bis ins Frühjahr hinein – in Bayern hat das mehr und mehr Seltenheitswert. Der Freistaat erlebt seit Jahren seine ganz eigene Schneekatastrophe. Der „BR“ hat in einer Reportage die Folgen des Schneemangels für die Tourismusorte im bayerischen Alpenraum beleuchtet. Das überraschende Ergebnis: Die Tourismuszahlen sinken vor allem in Oberbayern, während im Allgäu die Zahl der Übernachtungen wieder steigt. Woran liegt das? Die Grundvoraussetzungen für die beiden Tourismusregionen sind dieselben, wie ein Blick auf die Schneedaten der vergangenen Jahre zeigt. Der „BR“ hat dafür die Wetterdaten der vergangenen 50 Jahre von sieben verschiedenen Wetterstationen ausgewertet und dafür Schneehöhen von 1961 bis heute verglichen. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Schnee fehlt überall im bayerischen Alpenraum.

 

Schnee fehlt im Allgäu ebenso wie in Oberbayern

 

Zwei Beispiele: In Reit im Winkl, eines der Topziele von Wintersportlern im oberbayerischen Raum, sind die Schneehöhen um 57 Prozent geschrumpft. Im Allgäu sieht es nicht besser aus. In Oberstdorf nahe der Gemeinde Balderschwang gibt es mittlerweile rund 61 Prozent weniger Naturschnee als noch im Jahr 1961. Trotzdem: Die Übernachtungszahlen in den beiden Orten unterscheiden sich enorm. Während die Zahl in Balderschwang laut „BR“ in den vergangenen Jahren um rund 26 Prozent gestiegen ist, ist sie im Reit im Winkl im selben Zeitraum um 25 Prozent gesunken. So wie in Reit im Winkl sieht es im kompletten oberbayerischen Alpenraum aus.

Insgesamt sind dort die Übernachtungszahlen um rund 14 Prozent zurückgegangen – obwohl das das Einzugsgebiet für alle Münchner Wintersportler ist. Zwei Autobahnen führen direkt von der Landeshauptstadt aus in die oberbayerischen Wintersportorte. Die Wege ins Allgäu sind länger. Was läuft also in Schwaben anders? Der Bürgermeister von Balderschwang, Konrad Kienle, fasst das in dem „BR“-Beitrag mit einem Satz zusammen. „Wir haben gelernt, nicht nur auf ein Pferd zu setzen, sondern nutzen die Vielfalt, die unsere Region bietet, aus.“ Konkret heißt das: Im Allgäu ist der klassische Wintersport zwar nach wie vor die Basis für den Tourismus, allerdings hat es die Region geschafft drumherum neue Angebote zu schaffen, die auch ohne Schnee funktionieren.

 

Eine funktionierende Landwirtschaft macht sich bezahlt

 

Das Wichtigste dafür: eine gut funktionierende Landwirtschaft. Orte wie Balderschwang haben es geschafft, nach wie vor eine florierende Almwirtschaft zu pflegen und die Produkte daraus zu vermarkten. Das kommt bei den Touristen an. Das Allgäu hat sich als Marke etabliert. Das haben Orte wie zum Beispiel Reit im Winkl verpasst, wie der dortige Bürgermeister Josef Heigenhauser im Gespräch mit dem „BR“ auch zugibt. „Wir haben uns seit der Wiedervereinigung zu sehr auf unserem Erfolg ausgeruht“, sagt er.

Seine Gemeinde trotzt dem Schneemangel: Der Balderschwanger Bürgermeister Konrad Kienle setzt auf einen breit aufgestellten Tourismus.

 

Damals seien die Übernachtungszahlen schlagartig explodiert. Das ist jetzt anders. Auch eine Almwirtschaft existiert so gut wie nicht mehr. Damit auf diesem Gebiet etwas vorwärtsgeht, müssten laut Bürgermeister Heigenhauser alle an einem Strang ziehen. Doch seitens der Landwirte besteht dazu angeblich nur wenig Interesse. Dabei wäre eine gute Zusammenarbeit wichtig, wie Balderschwangs Bürgermeister Kienle sagt. Nur so kann ein auf den Ort zugeschnittener Tourismus geschaffen werden, der unabhängig von Schneehöhe funktioniert.

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