Der Vater-Mörder muss nur 11 Jahre ins Gefängnis
Der Prozess gegen Alfred B. (57) offenbarte schreckliche Familienverhältnisse. Alle litten unter dem tyrannischen Familienoberhaupt. Der Richter hielt den Täter für nur vermindert schuldfähig.
NÜRNBERG Für Mord sieht das Strafgesetzbuch im Normalfall nur eine Strafe vor: lebenslange Haft. Bei Alfred B. (57), der seinen eigenen Vater (84) mit einem Kissen erstickte, machte das Gericht eine Ausnahme. Der Frührentner muss nur elf Jahre hinter Gitter, weil er vermindert schuldfähig ist.
Der Prozess offenbarte ab-struse familiäre Verhältnisse. Die Ehefrau des Opfers und die beiden Söhne litten unter der Rücksichtslosigkeit des starrsinnigen alten Mannes, der nur sein eigenes Wohl im Auge hatte. Während seine Kinder nicht genügend zu essen bekamen, vergnügte sich der Senior in Kneipen, Spielhallen und bei Prostituierte. Jeden Cent, den er in die Finger bekam, verprasste er innerhalb kürzester Zeit.
Alfred B., der nie auf eigenen Füßen stand und Zeit seines Lebens bei den Eltern wohnte, leidet nach den Feststellungen eines Psychiaters an Persönlichkeitsstörungen und einem hirnorganisch bedingten Schaden. Auffallend ist auch das extreme Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Mutter.
Am Morgen danach weihte Alfred B. seine Mutter ein
Sie war es auch, die an Weihnachten letzten Jahres ungewollt die Gewaltspirale in Gang setzte, die zum Mord an ihrem Mann führte. Kurz vor den Feiertagen klagte sie Sohn Alfred ihr Leid über die Demütigungen durch das Familienoberhaupt. Für ihn war das Anlass zum Vatermord.
In den frühen Morgenstunden des 27. Dezember schlich sich Alfred B. in das Zimmer seines Vaters und drückte dem lungenkranken Rentner ein Kopfkissen aufs Gesicht. Er erstickte innerhalb kürzester Zeit. Danach zog der Sohn den Leichnam ins Badezimmer, wo er ihn in die gefüllte Badewanne legte und den Kopf unter Wasser drückte. Sicherheitshalber hatte er auch noch einen Fön griffbereit, um seinem Vater im Bedarfsfall einen Stromschlag zu versetzen. Doch der 84-jährige war bereits tot.
Am Morgen weihte Alfred B. seine Mutter ein und verständigte auch den Bruder. Der kam allerdings erst, nachdem er seinen Lottoschein aufgegeben hatte. Erst dann, mit zweistündiger Verspätung, wurde die Polizei informiert.
Helmut Reister
- Themen:
- Polizei