Der Täter rief: „Du linkes Bullenschwein“

Bayern ist geschockt: Der Passauer Polizeichef Alois Mannichl ist von einem Neonazi niedergestochen worden. Der 52-Jährige überlebt schwer verletzt. Alois Mannichl war ein Feindbild für Neonazis. Die Polizei fahndet nach einem Skinhead.
von  Abendzeitung
Alois Mannichl
Alois Mannichl © dpa

PASSAU -Bayern ist geschockt: Der Passauer Polizeichef Alois Mannichl ist von einem Neonazi niedergestochen worden. Der 52-Jährige überlebt schwer verletzt. Alois Mannichl war ein Feindbild für Neonazis. Die Polizei fahndet nach einem Skinhead.

Er hatte keine Angst. Alois Mannichl wollte nie eine Geheimnummer oder besonderen Schutz haben. Am Samstag um 17.34 Uhr ist ihm das zum Verhängnis geworden. Als es bei ihm daheim in Fürstenzell klingelt, macht der 52-Jährige die Tür auf. „Viele Grüße vom Nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nimmer auf Gräbern unserer Kameraden herum“, ruft der Mann und dem Polizisten eine elf Zentimeter lange Klinge in den Bauch.

Mannichls Frau informiert den Notarzt, 15 Minuten später ist Mannichl im Krankenhaus Passau. Noch in der Nacht wird er notoperiert, er überlebt schwer verletzt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte den Anschlag „hinterhältig und brutal“ und sprach von einer neuen Dimension rechter Verbrechen in Bayern: „So eine Straftat hat es in Bayern seit Jahrzehnten nicht gegeben.“

Polizei geht von einem rechtsradikalen Täter AUS

Die Polizei geht von einem rechtsradikalen Täter aus. Mannichl selbst ist der Einzige, den den Täter beschreiben kann: Ungefähr 1,90 Meter groß ist er, trägt die für Neonazis typische Glatze und spricht Bayerisch mit österreichischer Färbung. „Wir haben Ermittlungen wegen versuchten Mordes eingeleitet und werden alles daran setzen, den Hintergrund zur rechten Szene auszuleuchten“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch.

Nach dem Anschlag hat der verletzte Mannichl nur noch Motorgeräusche eines wegfahrenden Fahrzeugs gehört, das Messer fand die Polizei in einem Garten in der Nähe des Hauses. Es wird zurzeit auf Spuren untersucht.

In Mannichls Wohnort Fürstenzell, südlich von Passau und unweit der Grenzen zu Österreich und Tschechien gelegen, herrscht blankes Entsetzen. Der Polizist war bekannt als ein engagierter Kämpfer gegen Rechts. In der Nazi-Szene war er zum Feindbild geworden. Es existiert ein Video, auf dem Mannichl von Neonazis beschimpft wird (www.abendzeitung.de).

Neonazis höhnen

Nach dem Mordanschlag verhöhnten am Sonntag Neonazis auf einer rechtsradikalen Seite das Opfer mit den Worten: „Der Krug geht so lange zu Wasser bis er bricht. Diese Erfahrung machte gestern offenbar der für seine Schikanen gegenüber politischen Gegnern bekannte Passauer Polizeichef Alois Mannichl.“ Inzwischen ist der Eintrag gelöscht.

Seit 35 Jahren ist der zweifache Vater bei der Polizei, seit 2004 ist er Polizeidirektor in Passau. Dort gab es in diesem Jahr mehrere Polizeiaktionen gegen die rechte Szene.

Die Verbalattacke des Täters – „du trampelst nimmer auf Gräbern unserer Kameraden herum“ – bezieht sich auf einen Vorfall im Juli: Nach der Beerdigung des Neonazi-Funktionärs Friedhelm Busse ließ die Polizei das Grab wieder öffnen und die von den Neonazis dort abgelegte Hakenkreuzfahne entfernen (siehe unten).

Mannichls Frau und die beiden erwachsenen Kinder stehen unter Polizeischutz

Die NPD Passau hat sich gestern im Internet von dem Anschlag distanziert. Man verurteile „diese feige Tat aufs Schärfste“, heißt es da.

Innenminister Herrmann hat Alois Mannichl am Sonntag im Krankenhaus besucht. „Ich habe mit ihm und seiner Frau gesprochen, und ich bin froh, dass er gesundheitlich einen stabilen Eindruck macht“, sagte Herrmann. Auch Mannichls Frau und die beiden erwachsenen Kinder stehen unter Polizeischutz. Die Ärzte hoffen, dass der 52-Jährige zu Weihnachten wieder daheim sein kann. Dass er das Fest überhaupt erlebt, ist großes Glück. Nur knapp verfehlte die Klinge Mannichls Herz. Herrmann: „Das war eine Sache von zwei Zentimetern.“

Hubert Denk, uv, ta

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