Der Siemens-Skandal: Keiner wollte wissen, was mit den Millionen geschah

Ex-AUB Chef Wilhelm Schelsky (59) gab erstmals eine Erklärung ab, räumte im privaten Bereich knapp eine Million Euro an Steuerhinterziehung ein
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Es war ein gesellschaftspolitischer Auftrag: Auch als „historische Aufgabe“ bezeichnete der Angeklagte Wilhelm Schelsky (59) gestern seine AUB-Tätigkeit ganz zum Wohle von Siemens.
dpa Es war ein gesellschaftspolitischer Auftrag: Auch als „historische Aufgabe“ bezeichnete der Angeklagte Wilhelm Schelsky (59) gestern seine AUB-Tätigkeit ganz zum Wohle von Siemens.

Ex-AUB Chef Wilhelm Schelsky (59) gab erstmals eine Erklärung ab, räumte im privaten Bereich knapp eine Million Euro an Steuerhinterziehung ein

NÜRNBERG „Ich habe die letzten 18 Jahre nicht eine Sekunde daran gedacht, dass meine Tätigkeit für die AUB strafrechtliche Konsequenzen haben kann“, äußerte sich Wilhelm Schelsky (59), der Ex-Bundesvorsitzende der unternehmerfreundlichen Gewerkschaft, gestern am 3. Prozesstag vor dem Nürnberger Landgericht. Sein Wirken sei als „gesellschaftspolitischer Auftrag“ gerechtfertigt gewesen – um ein Gegengewicht zur IG Metall zu schaffen. Wie etwa auch bei Aldi-Nord.

Es geht um 30,3 Millionen Euro, die er in sechs Jahren heimlich von Siemens zum Aufbau der AUB bekam, was der mitangeklagte Ex-Siemens-Vorstand Johannes Feldmayer (51) bereits bestätigt hat. Doch einige Millionen soll Schelsky für private Ausgaben oder Sportsponsoring abgezweigt und steuersparend in seiner Unternehmensberater-Firma als Betriebskosten abgesetzt haben.

„Keiner von Siemens wollte wissen, was mit den Millionen geschah“, behauptete er selbstbewusst. So habe er selbst festgesetzt, was er brauche, bis sich die anfangs vereinbarten zwei Millionen Euro im Jahr vervierfachten.

11100 Euro Monatslohn für die Ehefrau

Dabei hatte schon 1990, zu Beginn des AUB-Aufbaus, ein Siemens-Chef vermerkt: „Die Beträge an Schelsky müssen jederzeit überprüfbar sein“, las Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke vor.

15 Millionen Euro Steuerhinterziehung werden ihm angelastet, knapp eine Million räumte der bullige Angeklagte ein. Etwa die 11100 Euro Monatslohn für seine Ex-Ehefrau, die zum Schein als Bürokraft beschäftigt war. „Überbezahlt“, räumte Schelsky ein. Und gab auch zu, dass er die Kosten für seine studierende Tochter ebenso betrieblich absetzte wie Zuwendungen zur Olympiabewerbung Leipzigs oder an die CDU in der Ostseestadt Greifswald – angeblich „nur 8000 Mark“.

Zurecht habe er dagegen sein Sportsponsoring von der Steuer abgesetzt, „als klassische Image-Förderung, um AUB bekannt zu machen“. So wurden u. a. die FCN-Handballerinnen und die Herren vom VfB Forchheim unterstützt. Er gab Zuschüsse, leaste Autos für die Spieler und bezahlte die als Schein-Mitarbeiter seiner Firma. So mache es ja auch die Bundeswehr. Als Gegenleistung prangte der AUB-Schriftzug auf Trikots und Banden. „In Forchheim haben pro Spiel bis zu 1000 Leute zugesehen“, so Schelsky. „Nach meiner Information waren es im Schnitt grad mal 280“, konterte Richter Richard Caspar.

Eine alte Villa in Greifswald („acht Meter bis zum Strand“) erwarb Schelsky für 1,3 Millionen Euro als AUB-Stützpunkt. Eine Etage wurde für nur 40 Cent/Quadratmeter an die Lebensgefährtin des geschiedenen Vaters von drei Kindern vermietet. „Finanziell völlig idiotisch“, so Schelsky. Aber diese Sachen habe sein Steuerberater für ihn erledigt. Gegen den wird wegen Beihilfe zum Steuerbetrug ermittelt. cis

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