Der Ritt auf der Bombe
Fast 60 Jahre lebten die bewohner der Gemeine Giebelstadt in ständiger Angst vor Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. Jetzt ist der Spuk endgültig vorüber.
GIEBELSTADT - Die Bauern in Giebelstadt lebten jahrelang mit der Bombe. 57 Jahre lang bauten sie in einem hochexplosiven Gebiet Weizen, Rüben und Raps an. In ihren Äckern lagen tonnenweise Blindgänger aus dem Krieg. Der Kampfmittelexperte Daniel Raabe springt in das fast zwei Meter tiefe Loch. Er schwenkt seinen Eisendetektor über den Boden.
Das Gerät surrt und piept. An einer Stelle schlägt das Gerät besonders intensiv aus. Raabe ist auf den Äckern von Giebelstadt auf der Suche nach Bomben. Nach mehr als drei Jahren ist sein Job jetzt erledigt. Nirgendwo sonst in Bayern wurde so konzentriert auf einer so großen Fläche nach Blindgängern gesucht wie in dem 5000-Einwohner-Markt bei Würzburg. Etwa 480 Hektar hat Raabe seit 2009 untersucht. Am Ende hat er mehr als 150 Bomben gefunden. Rund 16 Tonnen Fliegerbomben, Granaten, Munition. Darunter ebenso viele deutsche wie englische und amerikanische Sprengkörper.
Der Flugplatz von Giebelstadt war im Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Stützpunkt der deutschen Luftwaffe. Gegen Kriegsende gingen rund 10 000 Sprengkörper auf das Areal nieder. „10bis 15 Prozent davon waren Blindgänger“, so Raabe. Sie hätten jederzeit explodieren können.
„Ich habe, ohne es zu wissen, eine Bombe beim Pflügen mehrmals angekratzt. Es ist eine Befreiung, dass jetzt alles vorbei ist“, sagt Bauer Karl Schön. Auch Bürgermeister Helmut Krämer ist nun zufrieden: „Das war ein enormes Gefahrenpotenzial.“ Bomben lagen in der Nähe einer Gasleitung und einer Tankstelle. 1987 explodierte eine Fliegerbombe am Rande der Stadt. Sie riss einen Riesenkrater in den Acker, verletzt wurde niemand. Arbeit für Entschärfer Raabe gibt es weiterhin, in Geretsried und Kaufbeuren sollen noch viele Blindgänger liegen. Allein 2011 wurden in Bayern 60 Tonnen Weltkriegsmunition gefunden.
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